SECHSTES
BUCH.
Die
Epoche
des
Verfalls ,
VOIl
1700-
1810.
Hatte sich schon in der späteren Zeit der vorigen Epoche,
sowohl in Belgien, als in Holland, eine entschiedene Abnahme in
der Malerei offenbart, so stellte sich vollends in dieser ein gänz-
licher Verfall ein. Die Eriindungskraft, jene erste Bedingung einer
selbstständigen Kunst, war gänzlich erlahmt. Die Ausübung der
Historienmalerei nahm überhaupt ab. Wo sie aber noch in An-
wendung kam, folgte sie, vornehmlich nach den Büchern und Bil-
dern des G. La-iresse, gewissen akademischen Regeln, welche jede
Eigenthümlichkeit tödteten. In allen anderen Gattungen, den ver-
schiedenen Verzweigungen der Genre-, der Landschafts, der See-
und der Architekturmalcrei, stellte sich eine, in der Regel geist-
lose, Nachahmung der grossen Meister der vorigen Epoche ein.
Nur in der Portraitmalerei, worin der Künstler unmittelbar auf die
Natur gewiesen ist, wurde mitunter noch Achtbares, in der Malerei
von Blumen und Früchten aber selbst Ausgezeichnetes geleistet.
Besonders charakteristisch für diese Epoche ist, dass sich der
Farbensinn mehr und mehr verliert. Die Bilder werden bunt, kalt,
dunkel. Hiermit hängt auf das Engste das Sinken der Technik,
deren Kernpunkt in dem glücklich abgewogenen Verhältniss der
Deck- und Lasurfarben bestand, zusammen. In Folge der zu vor-
waltenden Anwendung der ersten verlieren sie die Klarheit, sie
werden schwer und. trübe. Ueberdem tritt durch den Mangel an
Berücksichtigung der Haltbarkeit der Farben häufig eine Veränderung
derselben, bald ein Nachdunkeln, bald ein Verbleichen, ein. End-