Epoche von 1600 bis 1690.
so gewaltige, dass, im Gegensatz zu den Malern der vorigen Epoche
selbst die NVerke der grössten Genien der italienischen Kunst, welche
ihm vorangegangen, nur insofern auf ihn einwirken konnten, als er
aus ihnen sich das aneignete. wodurch er die Entwickelung seiner
Eigenthümlichkeit gefördert fühlte, keiner derselben aber im Stande
war, ihn so mächtig anzuziehen, dass er darüber die von dem
inneren Naturgesetz ihm vorgezeichnete Bahn verlassen hätte. Diese,
seine Eigenthümlichkeit aber bestand nun wesentlich darin, dass
sich in einem Grade, wie dieses nie ein anderer Maler vereinigt
hat, die Anlage für eine wahre und lebendige Auffassung der Natur,
für eine warme und klare Färbung, für eine malerische Gesammt-
haltung, mit einem, alles Darstellbarc umfassenden, Reichthum der
Erlindungskraft und einem Feuer der Phantasie durchdrang, welches
ihn befähigte auch das Gewaltsamste und in der Natur Vorüber-
gehendste in ergreifendster Weise "darzustellen. Die Vereinigung
so höchst verschiedenartiger Eigenschaften in solchem Grade, lassen
den mehrseitig gebildeten Kunstfreund, wenn auch nicht übersehen,
so doch verschmerzen, dass die Formen seiner Köpfe, wie seiner
Körper, nur selten edel, oder von feiner Durchbildung, häufig selbst
sehr plump und gemein sind und sich auch sehr oft wiederholen,
ja dass selbst sein Gefühl nur selten tief und warm, öfter selbst
hart und roh ist. Es versteht sich übrigens, dass solche Bilder,
deren Gegenstände seinem künstlerischen Naturell am meisten zu-
sagen, auchram unbedingtesten befriedigen. Eine solche Natur-
anlage zur vollen Entfaltung zu bringen, vereinigten sich aber die
glücklichsten Lebensumstände.
Den 29. Juni 1577 zu Siegen in der Grafschaft Nassau ge-
boren,1 fand seine Lernbegier, sein grosses Talent für Sprachen,
welches sich schon sehr früh äusserte, durch den angemessenen Unter-
richt sogleich die vollste Nahrung. Als' er daher die Schule des
Adam van Noort besuchte, um sich zum Maler auszubilden, besass
er bereits ein höchst seltner Fall bei einem Künstler in einer
Anzahl besonders charakteristischer Werke besprochen werden. Näheres über
Rubens als Künstler in meinem Aufsatz im historischen Taschenbuch von Friedrich
von Raumer vom Jahr 1833, und in van Hasselt: Histoire de P. P. Rubens,
Bruxelles 1840. Ueber Rubens im Allgemeinen: Lettres inedites de P. P. Rubens
publiäes düaprös ses ßutogruphes, Bruxelles 1840 par Emil Gachet. Die wichtig-
sten derselben übersetzt in Guhls Kiinstlerbriefen Th. II. S. 129 B.
1 S. hie-für den Beweis in der Schrift von Backhuisen van den Brink: „Het
äuwelick van Willem van Ornnje mit Anna van Saxenß Amsterdam 1853.
133-143.