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England geworden ist, sind nicht allein etwa gjio seiner Bilder
jetzt in England befindlich, sondern die Preise dafür bis zu der
übertriebenen Höhe von 4000 Pfund Sterling gesteigert worden.
Die Eigenthümlichkeit dieses Malers, welcher, nächst Ruysdael,
unbedingt der grösste Landsehaftsmaler der holländischen Schule
ist, lässt sich am besten durch einen Vergleich mit diesem, seinem
Nebenbuhler, darstellen. In zwei der wichtigsten Eigenschaften,
dem Reiclithnm der Erfindungskraft, und dem poetischen Gefühl,
steht er jenem weit nach. Seine Bilder bewegen sich in einem
ungleich engeren Kreise. Der gewöhnlichste Gegenstand derselben
ist ein Dorf, dessen Hiiuser von Bänmen umgeben sind, wie sie
besonders häufig in einigen Gegenden-von Gelderland vorkommen,
mit_ sich windenden Wegen, welche diese einzelnen Häuser ver-
binden. Gelegentlich spielt in solchen Bildern eine, Wassermühle
eine Hauptrolle. Oefter stellt er auch eine Gegend von leicht be-
wegtem Erdreich dar, worin Gruppen, oder Reihen von Bäumen
mit Getraidefeldern, YViesen und kleinen Teichen wechseln. Seltner
sieht man von ihm die Ansicht eines Theils einer Stadt, von den
Thoren, Kanälen mit Schleussen und den Grachten mit ihren Häiusern,
noch seltner die Ruinen eines alten Schlosses, die weite Aussicht
über ein flaches Land, oder einen stattlichen Herrnsitz. In der
Composition aller dieser Bilder herrscht aber nicht der edle Ge-
schmack, das poetische Gefühl des Ruysdael, sondern sie haben ein
durchaus portraitartiges, öfter keineswegs schönes, ja bisweilen
sogar sehr prosaisches, jederzeit aber überraschend wahres Ansehen.
Ebensolsind seine Lichter und Schatten nicht in so grossen Massen
zusammengehalten, wielbei Ruysdael, die mehr vereinzelten Lichter
dafür aber desto sclilagender in der WVirkung. In der Klarheit der
Luftperspektive, der Wolken, welche seine Himmel viel spärlicher
anfüllen, als bei Ruysdael, und sehr häufig von der Sonne beglänzt,
einen Silberton haben, ist er jenem dagegen weit überlegen. Bei der
Mehrzahl seiner Bilder waltet, im Gegensatz von Ruysdael, ein
warmer, goldiger Ton vor, wo denn sein Grün in den Lichtern
einen gelblichen, in den Schatten einen bräunlichen Ton, beide
von ungemeiner Klarheit, hat. In Bildern dieser Art ist der Ein-
fluss des Rembrandt unverkennbar und sie sind von einer so leuch-
tenden Kraft und Tiefe des Tons, dass sie jenem nichts nachgeben
und an Brillanz der Wirkung alle Bilder des Ruysdael übertreffen.
Stellen nun solche Bilder uns meist die herbstliche Jahreszeit und