202
Buch.
Kapitel.
ebenda 1681. Obgleich sein Meister nicht bekannt, ist es doch
höchst wahrscheinlich, dass er die Kunst bei seinem älteren Bruder
Salomon gelernt hat. Er ist unbedingt von allen holländischen,
ja meines Erachtens von allen Landschaftsmalern überhaupt, der
grösste. Bei keinem andern Meister findet sich in dem Maasse das
Gefühl für die Poesie der nordischen Natur, mit der Yifahrheit und
der Vollkommenheit der Darstellung vereinigt. Mit einer trefflichen
Zeichnung verbindet er die Kenntniss des Helldunkels in seinen
mannigfaltigsten Erscheinungen, eine kräftige und warme Färbung
und eine wunderbare Meisterschaft des Pinsels, von der zartesten,
miniaturartigen, aber nie geleckten, bis zur freiesten, breitesten,
markigen Ausführung. Der verwaltende Gesammtton in seinen
Bildern, deren Smith über 400 verzeichnet hat, ist ein sattes und
entschiedenes Grün. Leider haben indess ziemlich viele derselben
später einen schweren, braunen Ton angenommen, und dadurch den
grössten Theil ihres Reizes verloren. Manchen ist indess schon
ursprünglich ein graulicher, aber freilich klarer Ton eigen. Häufig
zeigt er uns die einfache und schlichte Natur seines Vaterlandes im
Zustand der Ruhe, doch giebt der meist stark bewölkte Himmel,
welcher die Spuren des Regens hinterlassen hat, oder mit Regen
droht, auch wohl eine dunkle, von Bitumen beschattete, Wasser-
fläche, ihnen einen melancholischen Anstrich. Eine besondere
Freude hat er an der Darstellung einer weiten Fläche von Land
oder Wasser. Von dem ersteren führt er uns in dieser Weise häufig
die, von irgend einem höheren Standpunkt genommene, Gegend
seiner Vaterstadt Haarlem vor, welche darin mit ihrer stattlichen
Kirche die horizontale Linie unterbricht. In Bildern solcher Art
ist auch auf Ruysdael der Einfluss des Hauptmeisters der ganzen
Schule, Rembrandts, unverkennbar. Einen Uebergang zu seinen
eigentlichen Seestücken bilden einige Ansichten der Küste von
Sßheveningen, in denen man die Bewegung des Wassers vornehm-
lich an der Brandung sieht, oder der mit dunklen Wolken bedeckte
Himmel ein nahendes Unwetter verkündigt. Die kleine Zahl eigent-
licher Seestücke zeigt das Element nie in völliger Ruhe und bei
heiterem Himmel, wie so viele Bilder des Willem van de Velde,
sondern, bei immer bewölktem Himmel, entweder in lebhafter Be-
wegung, oder gar bei einem wüthenden Sturm. In allen diesen
Zuständenist das Nasse und die Bewegung des Wassers mit sel-
tenster Wahrheit wiedergegeben. Sämmtliche, so weite Flächen