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Epoche von 1600 bis 1
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schmolzen im Vortrage. In den Gallerien des Continents kenne ich
nur in denen von Wien, eine lustige Bauerngesellschait und ein
Bohnenfest von 1690 datirt, sehr gute Bilder, und in Berlin ein
Bild mit mehreren Leuten in einem Dorfe, welche sich von einem
Bänkelsänger unterhalten lassen , N0. 942. In England befinden sich
zwei treffliche Bilder, Werkstätten von Künstlern, in Windsorcastle.
Eine ganz vereinzelte Stellung in der holländischen Schule
nimmt in dieser Epoche der berühmte, 1659 geborene, 1722 ge-
storbene Maler Adriaen van der .Werff ein. Während alle an-
dern sich in der Mehrzahl ihrer Bilder einem gesunden und natur-
wüchsigen Realismus ergeben und diesen nach verschiedenen
Richtungen zu einer höchst erfreulichen und cigenthümlichen Kunst
ausgebildet hatten, bestrebte er sich, eine idealistische Richtung
zu verfolgen. Er führt uns daher Gegenstände aus der Bibel, aus
der Mythologie, in möglichst schönen und eleganten Formen und
mit einer bewunderungswiirdigen Vollendung des verschmolzenen
Vortrags vor, den er sich von seinem Meister Eglon van der Ncer
angeeignetihatte. Von ihm hatte er auch die, jenem eigen rea-
listische, Auffassung übel-kommen, und verschiedene, in derselben
ausgeführte Bilder sprechen durch glückliche Erfindung, wie durch
Lebendigkeit und Wahrheit so sehr an, dass sie beweisen, wie
sein Talent auch ihn eigentlich für diese Richtung bestimmt hatte.
Zu jener idealistischen, ihm innerlich fremden, ist er offenbar durch
die Bilder und die Schriften des Gerard Lairesse hingeleitet wor-
den. Wenn er sich hierin dann durch das häufige Zeichnen nach
Gypsabgüssen antiker Sculpturen ausgebildet hat, so ist er, ohne
in das tiefere Verständniss der Formen einzudringen, oder sich die
Grazie der Bewegung anzueignen, in seinen Bildern dieser idea-
listischen Richtung darüber in das Frostige im Gefühl, und häufig
auch in das Kalte und Schwere der Färbung verfallen, wie denn
namentlich sein Fleisch sich in der Farbe, wie in der Glätte, häufig
dem Elfenbein nähert. Dabei sind die Stellungen oft geschmack-
los und gesucht, die Köpfe einförmig und leer. Seine Figuren sind
gewöhnlich von kleinem Maassstabe. Da nun stets viele Menschen
in einem Kunstwerk weniger von dem ihm innewohnenden Leben,
als von der eleganten und künstlichen Weise, worin es ausgeführt
ist, angezogen werden, so fanden diese Bilder des van der Werff
bei Fürsten und Herren einen so grossen Beifall, dass er nicht im
Stande war, allen Anforderungen zu genügen. Sein grösster Be-