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Kapitel
bedeutenden Bildern dieses Meisters arm. Folgende Gemälde wer-
den ausreichen, eine würdige und vollständige Vorstellung von ihm
zu erhalten. Ich lasse dabei dieselben sich ungefähr in der Ord-
nung folgen, wie sie gemalt sein möchten. In der Gallerie zu
Wien. Einer, an ihrem Bette sitzenden jungen, Kranken, mit der
aufgeschlagenen Bibel auf dem Schoosse, wird vom Arzte der Puls
gefühlt, datirt 1656. Von seltener Wärme des Gefühls in den
Köpfen, schlagender Beleuchtung, einer feinen, für ihn kühlen
Harmonie, und der zartesten Vollendung. Da der Meister damals erst
21 Jahre alt war, sieht man, dass er sich schon sehr früh auf der vollen
Höhe seiner Kunst befand. Ein bereits von Sandrart rühmlich er-
wähnter, für den Erzherzog Leopold ausgeführter Kaufladen, 1660
datirt, in derselben Gallerie, ist unbedingt eines seiner grössten
Meister-Stücke. Eine junge Frau zeigt einem Herrn, welcher sie an
das Kinn fasst, verschiedene Tücher und Zeuge. Die Composition ist
ansprechend, der helle, aber warme, Ton sehr klar, die Behandlung,
in einem treiflichen Impasto, von wunderbarer Delikatesse, die
Grösse von 1 Fuss 9 Zoll Höhe und 1 Fuss 4 Zoll Breite, für ihn
ungewöhnlich. Von ähnlicher Bedeutung für den Künstler durch
Umfang, wie durch Vortreiflichkeit und in Ton und Behandlung
diesem nahe verwandt sind zwei Bilder in der Eremitage zu St.
Petersburg. Eine höchst elegant gekleidete Dame, welche einen
Wachtelhund tanzen lässt, und eine junge Dame mit einem Wein-
glas, welcher ein Herr Austern präsentirt. In der Gallerie zu
München, Gab. N0. 274. Ein Krieger, datirt1662. Von seltenster
Klarheit und Weiche. Ebenda, Gab. N0. 287. Eine Dame in gelbem
Atlaskleide fällt in Gegenwart des Arztes in Ohnmacht. 1 Im
Museum im Haag, N0. 92. Ein schöner Knabe, welcher Seifen-
blasen macht, datirt 1663. Reizend und von einer grossen Tiefe
des bräunlichen Tons. 2 Ebenda, N0. 90, der Künstler selbst mit
seiner Frau, deren Bologneserhündchen er närrt. Sehr naiv und
lebendig in den Köpfen und in einem gemässigten, aber klaren
Ton mit seltner Zartheit durchgeführt. In der Gallerie zu Dresden,
Mieris mit seiner Frau vor ihrem angefangenen Bildnisse, No.1401.
In Composition, Helldunkel, Ton, geistreicher Behandlung, eines
seiner schönsten Bilder. Fast ebenso schön ist das Gegenstück,
N0. 1402, die WVerkstatt des Künstlers, in welcher sich ein Lieb-
noch zwei andere Exemplare.
1 Von diesem Bilde giebt es
Bild kommt auch noch sonst vor.
2 Auch dieses