Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 2)

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Buch. 
Kapitel 
Ein ausserordentliches Genie für die Malerei war bei ihm mit einem 
unwiderstehlichen Hanglzum Trunk und zum ausgelassenen Leben 
verbunden. 1 Dadurch, dass seine Familie ihn in den Stand setzte 
Schankwirth zu werden, beförderte sie auf der einen Seite nur 
noch die Befriedigung dieser Leidenschaft. Er fand aber auch auf 
der andern als solcher" die beste Gelegenheit die Gegenstände so 
vieler seiner Bilder, welche uns alle möglichen Aeusserungen einer 
durch die Freuden der Tafel, des Weins, des Gesangs, des Karten- 
spiels und der Liebe aufgeregten Gesellschaft darstellen, unmittelbar 
nach dem Leben zu malen. Er muss mit einer bewunderungs- 
würdigen Leichtigkeit producirt haben, denn unerachtet jene Lebens- 
weise ihm einen grossen Theil seiner Zeit kosten musste, und er 
auch in Folge derselben schon im Jahr 1679 starb, mithin kein 
sehr hohes Alter erreichte, ist doch die Anzahl der von ihm aus- 
geführten Bilder, von denen Smith etwa 200 anführt, ausserordent- 
lieh gross. Ausser dem, soeben erwähnten, Lieblingsthema, welches 
er in den mannigfaltigsten Formen von zwei Personen, welche es 
sich wohl sein lassen, durch Familienschmäuse, Feste des Bohnen- 
königs, des Spiüchworts „So wie die Alten sungen, so pfeifen auch 
die Jungen", Kir-messen und Hochzeiten durchgeführt, behandelt 
er noch viele andere Gegenstände. Besonders gern stellt er Be- 
suche des Arztes bei jungen Mädchen, und Schulmeister mit einer 
meist sehr ausgelassenen Schuljugend dar, wie ihn denn überhaupt 
das Komische im Treiben der Kinder sehr anzieht. Bald werden 
nach einer alten Sitte in Holland am St. Nioolastage (der  Sept.) 
die artigen Kinder belohnt, die unartigen bestraft, bald spielen sie 
mit Katzen, bald entwenden sie ihren, in Folge der Trunkenheit 
schlafenden Eltern, Geld. Auch die Thorheit der Goldmacherei stellt 
er öfter mit schrecklicher Wahrheit dar. Nur ausnahmsweise klingt 
bei ihm das Gemüthliche in der Weise des Maes, in einer Mutter 
welche ihrem Kinde zu essen giebt, oder in einer armen Familie, 
welche ihr Tischgebet hält, an. Ebenso malt er auch, glücklicher- 
weise nur selten, Bilder, welche das sittliche Gefühl verletzen. 
Minder erfreulich ist er in seinen Darstellungen von fetten und 
mageren Familien. Die Eigenschaften beider sind darin absichtlich 
zu sehr übertrieben. Am wenigsten glücklich aber erscheint er in 
1 S. van Westrheene. Jan Steen. La. Haye 1856. S0 dankenswerth diese 
Schrift übrigens ist, hat mich doch der Versuch darzuthun, dass Jan Steen einen 
nüchternen Lebenswandel geführt habe, nicht überzeugt.
	        
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