Epoche von 1600 bis 1690.
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treüenden, Licht bilden. Der Lokalton des Fleisches wird goldiger,
aber minder wahr, der Vortrag geistreicher und mehr tokkirend.
Das Hauptbild, und im Umfang das grösste, welches er jemals
gemalt hat, ist die berühmte, sogenannte Nachtwache im Museum
zu Amsterdam vom Jahr 1642, welches eigentlich den Auszug
der Schützengilde darstellt, um nach der Scheibe zu schiessen.
Die Formen sind hier mit besonderer Bestimmtheit aufgefasst, die
Köpfe sehr individuell, der goldige Ton sehr klar, die Wirkung
schlagend, die Ausführung, in jener neuen Weise, sehr iieissig. In
der Oomposition steht dieses Bild indess nicht auf der Höhe des
Talents von Rembrandt in diesem Theil der Kunst, und die, einst
ohne Zweifel ursprünglich bewunderungswürdige, Gesammthaltung
ist jetzt durch das Nachdunkeln der schwarzen Kleider, so wie des
Hintergrundes, sehr beeinträchtigt. Wie früh indess Rembrandt
diese Art von geschlossener Beleuchtung, als der Ausbildung seines
zauberhaften Helldunkels besonders günstig, erkannt hat, beweist
die mit 1631, dem frühsten auf einem Bilde bekannten Datum, be-
zeichnete Darstellung im Tempel im Museum des Haags, N0. 128,
ein Bild, welches sich vorzüglich durch die Schönheit der Compu-
sition, und die schon vortreffliche Durchführung des Helldunkels
auszeichnet. Dagegen malte er aber auch noch viel später ge-
legentlich Bilder in jenem helleren Ton und jener freieren Beleuch-
tung. Etwa vom Jahr 1654 ab wird der goldige Lokalton des Fleisches
noch tiefer, geht aber gelegentlich in ein minder klares Braun über,
auch stellen sich öfter graue und schwärzliche Schatten, bisweilen
auch ziemlich kühle Lichter ein. Die Behandlung mit dem Borstpinsel
wird von einer erstaunlichen Freiheit und Breite, so dass sie in
einigen Fällen in das Dekorative ausartet. Das Hauptbild aus
dieser Epoche ist das mit 1661 bezeichnete Portraitstück, N0. 274,
im Museum zu Amsterdam, welches die fünf Verwalter des vor-
maligen Staalhofs 1 daselbst und eine sechste Person darstellt, und
in Tiefe des noch klaren Goldtons, in Lebendigkeit der Köpfe, in
Impasto und Breite der Behandlung ein wahres Wunderwerk ist.
Ich komme nun zunächst auf die Betrachtung von Rembrandts
Auffassung biblischer Gegenständew Obwohl die portraitartigen,
offenbar nach Amsterdamer Juden, in deren Viertel Rembrandt
wohnte, genommenen Formen sehr gewöhnlich, ja öfter auffallend
1 Der Name des amtlichen Gebäudes für das Gewerbe der Tuchmacher.