Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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Buch. 
Kapitel. 
Das schönste Zeugniss dieser altniederrheinisehexi Kunst, welches 
mir in England bekannt geworden, ist ein kleines Altärchcn mit 
Flügeln mit vielen Figuren, von sehr edlem Styl und zarter, miniatur- 
artiger Ausbildung, im Besitz von Hrn. Beresford Hope zu L ondon. 1 
Besonders deutlich zeigt sich aber eine der Kölner Schule eng- 
verwandte Kunstform in XVestphalen. Ich führe dafür hier nur die 
aus Soest stammenden Bilder der heiligen Dorothee und Ottilie im 
Stadtmuseum zu Münster an. Sie zeigen einen edlen, feinen, dem 
Meister Wilhelm in derKunstweise engverwandten, doch selbständi- 
gen und in manchem Betracht mehr vorgeschrittenen Meister. 
Ohne eine Abhängigkeit von der Schule von Köln zu zeigen, 
beweist ein grosser, vormals in der Michaelskirche zu Lüneburg, 
jetzt in der öffentlichen Sammlung zu Hannov er befindlicher Flügel- 
altar mit vielen, theilweise recht wcrthvollen Bildern, etwa aus dem 
Anfang des 15. Jahrhunderts, dass die Knnstweise dieser Epoche 
auch in Niedersachsen verbreitet war. 
Nächst Prag und Köln bildet schon in dieser Epoche Nürnberg 
einen Mittelpunkt für die Malerei. Man findet, innerhalb des allge- 
meinen Charakters dieser Epoche, dort mehr Kenntniss und mehr 
Beobachtung der Formen des menschlichen Körpers, als in der 
böhmischen und kölnischen Schule, in demselben Bestreben ist auch 
die Modcllirung stärker, die Färbung kräftiger. 2 Leider fehlt es 
aber hier an Namen der Künstler ganz und gewähren selbst für die 
genaue Zeitbestimmung Jahreszahlen nur selten einen sicheren Anhalt. 
Ein von einem Mitglied der edlen Familie Imhof gestifteter Al- 
tar, dessen Haupttheile sich auf der Empore der Lorenzkirche 
befinden, dürfte den letzten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts ange- 
hören. Die Mitte der inneren Seite stellt die Krönung Maria vor 
(Fig. 19), die Flügel vier Apostel. Der Kopf der Maria, mit gesenk- 
tem Blick ist von ungemeiner Schönheit der Form, auch ihre Ge- 
stalt schlank und edel, die Falten des blauen Gewandes von sehr 
reinem Geschmack. Die Auffassung des sie anblickenden Christus 
mit der Krone ist ernst und würdig. Der Fleischton ist bei der 
Maria zart, bei Christus warm-bräunlich mit weisslichen Lichtern. 
Die Rückseite, deren Mitte, der Leichnam Christi von Maria und 
Johannes gehalten, auf der Burg in Nürnberg befindlich, deren Flü- 
1 Näheres Treasaxres etc. Th. IV. S. 190.  
werken und Künstlern in Deutschland Th. I. 
führten Werk. Th. I. S. 291 ff. v. Rettberg, 
 2 Näheres hierüber in meinen Kunst- 
S. 165 H. und 247 t". Hotho im ange- 
das Kunstleben Nürnbergs.
	        
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