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Buch.
Kapitel
nach Aegypten, endlich die Passionsscenen der Mitteltafeln. 1 Die
übrigen Abtheilungen rühren von minder bedeutenden, dem Meister
Wilhelm nur zum Theil verwandten Malern her.
Diesen Tafeln schliesst sich ein Bild im Museum zu Berlin
(N0. 1224) an, welches in 34 kleinen Abtheilungen Vorgänge aus
dem Leben Christi und der Maria, von der Verkündigung bis zum
jüngsten Gericht, in sehr lebendigen, öfter treiilichen Compositionen,
feinem Ton der Färbung und leichter, geistreicher, wenn schon
sehr ungleichen Behandlung darstellt.
Zunächst ist ein kleiner Flügelaltar des Museums in Köln zu
erwähnen. Der Kopf der Maria, welche vom Kinde geliebkost
wird, hat in vollem Maasse die Reinheit des Charakters, die Lieb-
lichkeit des Ausdrucks, den weichen Schmelz und den zarten Ton
des Fleisches, welche dieser Schule eigenthümlich sind. Ebenso
haben die Figuren der heil. Katharina und Barbara die für die-
selbe charakteristische Schmächtigkeit. Diesem steht sehr nahe ein
Altärchen im Museum zu Berlin (N0. 1238), dessen Mitte die Maria
mit dem Kinde und vier weibliche Heilige (Fig. 18), die Flügel die
Heiligen Elisabeth von Ungarn und Agnes darstellen.
Ein besonders schönes Beispiel dieses Meisters ist die heilige
Vcronika mit dem Schweisstuch in der Pinacothek zu München
(Kab. I. N0. 13). Zu derselben Reinheit und Zartheit des Gefühls
kommt hier eine ileissigere Ausführung, eine wärmere Färbung.
Ich übergebe hier einige andere Bilder, welche mit mehr oder
minder Walnscheinlichkeit dem Meister Wilhelm beigemessen wer-
den, und bemerke nur im Allgemeinen, dass die Zahl der Gemälde,
welche offenbar nach seinem Vorbilde entstanden, in Köln und"der
Umgegend, z. B. in Aachen, in einer verschlossenen Kapelle des
Doms, sehr ansehnlich ist. In Köln finden sich die meisten im
dortigen Museum und in der Rathhauskapelle. Besonders ausge-
zeichnet ist eine kleine Kreuzigung in der Sammlung des verstor-
benen Herrn Dietz. Andere sind von Köln mit der Boisseredschen
Sammlung in die Pinacothek nach München und in die Moritz-
kapelle nach Nürnberg gelangt. Ein kleines, aber höchst anzie-
hendes Bildchen ist das Paradiesgäitlein der Prehmschen Sammlung
in der Frankfurter Bibliothek. Der heiter-n, naiven und kindlichen
Auffassung entspricht die zarte Ausführung und die fröhlichen Far-
1 Vergl. IIotho, die hialerschule Huberts van Eyck Th. I. S. 240, mit dessen
Angabe ich hier übereinstimme.