Epoche von
[350 biS 1420.
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den gleichzeitigen französischen und niederländischen Miniaturen
überein, dass sie keinen Zweifel übrig lassen, dass der Kaiser Karl,
welcher früher lange in Paris gelebt, entweder Miniaturmaler von
dort nach Prag berufen, oder böhmische Miniaturmaler nach Paris
gezogen hat! Ich begnüge mich hier, nur einige der vorzüglichsten
jener ltlanuscripte mit Miniaturen anzuführen. Zwei Gebetbücher
des 1350 gestorbenen Erzbischof Ernst von Prag, deren das eine
sich daselbst in der Bibliothek des Fürsten Lobkowitz, das andere,
reichere, worin sich der Maler Sbinco de. Trotina nennt, in der
Bibliothek der vaterländisehen Sammlung befindet. Beide beweisen,
dass hier die dieser Epoche eigenthümliche Kunstweise schon vor
dem Jahr 1350, mithin sehr früh, zur vollen Ausbildung gelangt
war. Wie früh die Böhmen gewöhnliche Vorgänge aus dem Leben
mit Lebendigkeit, Geschmack und vielem Schönheitssinn behandelt
haben, zeigt das Manuscript einer im Jahr 1373 verfassten Lehre
der christlichen Wahrheit von Thomas Stitnij auf der Universitäts-
bibliothek zu Prag (XVII. A. 6). Besonders zeichnen sich ein
Jüngling und ein schönes Mädchen (Bl. 37 b), einige Jungfrauen,
welche sich zu Bräutcn Christi weihen (Bl. 44 b), eine Frau im
Gebet (Bl. 47 b), und eine Trauung (Bl. 124 a) sehr vortheilhaft
aus. 1 Diesen schliessen sich die Miniaturen in der deutschen
Bibelübersetzung, welche Kaiser Wenzel (reg. 1378 1400) hat
machen lassen, in der Bibliothek zu Wien an. Dass die Schule
bis an's Ende der Epoche in derselben Weise noch stets im Fort-
schreiten begriffen war, beweisen die trciflichen Miniaturen in dem
Missale des 1402 zum Erzbischof von Prag ernannten, 1411 als
Erzbischof von Presburg gestorbenen Sbinko Hasen von Hasenburg,
in derselben Bibliothek (N0. 1844). Als besonders ausgezeichnet
führe ich hier nur die Anbetung der Könige und die Taufe Christi an.
Ein anderes, für den Erzherzog von Oesterreieh Albrecht IL,
beigenannt mit dem Zopf, von einem Geistlichen Johann von Trop-
pau geschriebenes und mit höchst ausgezeichneten Miniaturen ge-
sehmücktes Evangeliarium der Bibliothek zu Wien beweist, dass
diese böhmische Schule auch in dem damals von Böhmen abhän-
gigen Mähren Wurzel geschlagen hatte. 2 Dass dieses auch mit
dem, ill jener Zeit in einem ähnlichen Verhältniss beündlichen
Schlesien der Fall war, beweisen zwei, aus einem schlesischen Klo-
e drei Mnnuscripte im Deutschen Kunstblatt v. 1850- NO- 57'
9 Näheres über alle diese Manuseripte Deutsches Kunstblatt von 1850- Nß- 33-