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Kapitel
welcher seinem Sohne, dem nachmaligen Kaiser Wenzel, einen Ring
übergiebt. Derselbe im Gebet vor einem Kreuz. Dieser Meister
(ob Kunze erscheint als ein recht geschickter Maler von Bildnis-
sen. Besonders fallen die Hände durch Zierlichkeit der Formen,
Grazie der Motive, auf. Von der vierten Hand rühren die Bildnisse
Kaiser Karl IV. und seiner vierten Gemahlin, Anna von der Pfalz,
welche ein Kreuz halten, über dem Eingange zur Katharinenkapelle,
und innerhalb derselben die Maria, von ganz grotesker Gesichtsbil-
dung, und darin den Einiluss des Tommaso da Modena verrathend,
her, welche der Kaiserin Anna, und das Kind, welches dem Kaiser
die Hand reicht. Am besten sind diesem die sehr individuellen und
ansprechenden Portraits, besonders das der Kaiserin, gerathen. Die
dieser Zeit und Schule angehörigen Wandmalereien in der Kapelle
des-heiligen Wenzel in der Kathedrale zu Prag sind so übermalt,
dass sie kein Urtheil mehr zulassen. Von ungemeiner Schönheit der
Züge und grosser Milde des Ausdrucks ist eine Maria mit dem
Kinde auf einem Altar der weniger bekannten Kirche des h. Stephan
in Prag, welche dem Ende des 14. Jahrhunderts angehören möchte.
Die nackten Glieder des Kindes, das ein liebliches Köpfchen hat, sind
indess mager. 1
Die Ausführung eines grossen Mosaikgemäldes an der Südseite
des Doms von St. Veit zu Prag ist wahrscheinlich von Kaiser Karl IV.
in dem Bestreben veranlasst worden, in seinem geliebten Böhmen
auclrein Werk aufweisen zu können, wie er deren so viele in Ita-
lien auf seiner Römerfahrt gesehen hatte. Es stellt, in seiner Ge-
sammtheit, das jüngste Gericht dar, zu oberst in der Mitte Christus
in der Herrlichkeit von Engeln umgeben, darunter die sechs Schutz-
heiligen von Böhmen, noch tieferyals Stifter, Kaiser Karl IV. und
seine Gemahlin. Zu den Seiten rechts Maria, links Johannes
den Täufer, beide mit Heiligen. Unten, rechts die zur Seligkeit,
links die zur Verdammniss Erstandenen. Die Arbeit ist roh, doch
das ganze als einziges Beispiel dieser Kunstart von so grossem Um-
fang in Deutschland merkwürdig.
Eine Anzahl von Manuscripten mit Miniaturen gewährt eine
reiche Ausbeute und diese zeigen erst recht die Eigenthümlichkeit
und grosse Bedeutung der böhmischen Schule in dieser Epoche.
Mehrere derselben stimmen zugleich in vielen Stücken so sehr mit
1 Ich verdanke die Bekanntschaft mit diesem Bilde dem Hrn. Professor Wocel
während oincs Besuchs von Prag im Jahr 1860.,