Epoche von 1350
bis 1420.
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Ausdruck in den Köpfen ist lebendig, die Fleischfarbe ziemlich
schwach und die Modellirung gering. Der Grund ist golden mit
einem Muster.
Das zweite, welches ebenfalls eine Kreuzigung, jedoch nur mit
Maria und Johannes und dem knieenden Bildniss des Archidiaconus
Heinrich van Rye von der Johanniskirche zu Utrecht, vorstellt, wel-
cher 1363 gestorben, und dem zu Ehren das Bild an seiner Grab-
stätte in jener Kirche gestiftet werden, befindet sich jetzt im Museum
zu Antwerpen. Der Christus ist ähnlich, wie in dem vorigen Bilde
aufgefasst, doch ist der Künstler minder geschickt, wie denn auch
in dem Bildniss noch keine Individualität angedeutet ist. Ambesten
ist in Geberde und Ausdruck der Trauer noch Johannes gelungen.
Auch hier findet sich der gemusterte Goldgrund.
Das dritte und bedeutendste Denkmal sind die Bilder auf den
Aussenseiten der Flügel eines grossen Altarschreines im Museum zu
D i j on, welchen der schon vorher erwähnte Herzog Philipp der Kühne
zwischen den Jahren 1392 und 1400 für die von ihm erbaute Gar-
thause zu Dijon hat ausführen lassen. Sie rühren wahrscheinlich
von dem, als sein Maler bekannten Melchior Broederlam
her, und stellen die Verkündigung, die Heimsuchung, die Darstellung
im Tempel und die Flucht nach Aegypten dar. Sie stehen schon
auf der Grenze der Kunstweise dieser Epoche und der realistischen
der nächstfolgenden. Die Formen der Köpfe sind zwar noch rund-
lich und weich, und bisweilen, wie in den Köpfen der Maria und
des Simeon, auf der Darstellung, dem gelungensten Bilde, von einem
feinen Schönheitsgefühl, doch sind letztere zugleich schon indivi-
duell, ja in dem Joseph auf der Flucht herrscht selbst ein sehr der-
ber Realismus. Die Gewänder haben zwar noch durchaus jene
weichen Falten, die Farben sind indess von einer Helligkeit und
Kraft, welche an Buntheit grenzt. In den völligen Formen gewahrt
man noch kein Naturstudium, ebenso sind die Hintergründe, Felsen,
Bäume noch von conventioneller Form, die Lüfte golden.
In Deutschland ist die Kunstweise dieser Epoche am frühsten
in Böhmen, welches schon in der vorigen sich so sehr auszeichnet,
unter der Regierung des kunstliebenden Kaisers Karl IV. (reg. 1346
bis 1378), welcher Alles aufbot, um sein geliebtes Böhmen in jeder
Beziehung empor zu bringen, zur völligen Ausbildung gelangt. Mehr
noch als eine Anzahl meist sehr verdorbener Wand- und Tafelmale-
reien legen viele in Manuscripten vorhandene Miniaturen hieven ein