Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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Buch. 
Kapitel. 
nung des Nackten bleibt zwar im Ganzen noch schwach, die For- 
men sind meist zu mager, die Füsse zu klein, iddess die Hände oft 
glücklich bewegt. Eine eigenthümlichc, sehr verbreitete. und zu 
grossem Geschick ausgebildete Gattung der Malerei sind in dieser 
Zeit die Grau in Grau ausgeführten Bilder. Die Goldgründe werden 
immer mehr und mehr beschränkt, und die Räumlichkeit in Gebäu- 
den, von theils romanischen, theils gothischen, in Bäumen und Ber- 
gen, von noch conventionellen Formen, in allerlei Hausgeräth wird 
immer ausführlicher angegeben. Schon zu Anfang dieses Abschnitts 
iindet sich der Goldgrund öfter selbst in der Luft durch Angabe des 
blauen Himmels verdrängt, ja es kommen schon gegen das Jahr 
1380 landschaftliche Hintergründe von sehr aehtbarer Ausbildung 
vor. Wie, allem Anschein nach, diese ganze neue Kunstweise, so 
ist namentlich diese Ausbildung der Räumlichkeit von den Nieder- 
landen ausgegangen. In Ermanglung der, aus den in der Vorrede 
angegebenen Ursachen mit wenigen Ausnahmen zerstörten Bilder 
"von grösserem Umfange, muss man die Zuflucht wieder fast aus- 
schliesslich zu den Miniaturen nehmen, welche indess glücklicher 
Weise eine reiche Ausbeute gewähren. 
 Ganz am Anfange dieser Epoche, und in vielen Theilen noch 
mit der vorigen übereinstimmend, steht eine Bilderbibel in der Kai- 
serlichen Bibliothek zu Paris (Mss. francais. No. 6829 bis), welche, 
in nicht weniger als 5124 kleinen angetuschten Federzeichnungen, 
eine besonders ausführliche Entgegenstellung von Vorgängen aus 
dem neuen, mit anderen aus dem alten Testament enthält, und in 
jedem Betracht einen geistreichen Künstler verräthß Sehr nahe 
schliessen sich diesen die Miniaturen an, welche der Presbyter Lo- 
renz von Antwerpen im Jahr 1366 zu Gent in einem in dem Westre- 
nischen Museum im Haag befindlichen Messbuch ausgeführt hat. 
Sie nehmen noch Manches aus der vorigen Epoche herüber, doch 
.sind die Umrisse schon weich und mit dem Pinsel gemacht, die 
Formen der Körper schon von grösserer Naturwahrheit, die weichen 
Falten der Gewänder schon zart vertrieben. In einigen Vorstellun- 
gen, z. B. der Geburt Christi, findet sich zwar noch die byzantini- 
sche Auffassung, doch sind die einzelnen Motive nach Beobachtun- 
gen nach der Natur ausgebildet. 
Ein höchst wichtiges Denkmal für die Malerei der etwas späte- 
1 Näheres darüber Kunstwerke u. Künstler in Paris. S. 327.  1' Näheres dar- 
über im Deutschen Knnstblatt von 1852. N0. 28.
	        
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