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Epoche von 1250
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ist hier ungemein naiv und anmuthig. Besonders gehört die von
dem Heiligen vertheidigte Prinzessin, von welcher hier eine Abbil-
dung (Fig. 17), zu den gelungensten, mir aus dieser Zeit bekannten
Figuren. Nach den schlanken Verhältnissen der Figuren, den
vollen und schönen Ovalen der Köpfe, der harmonischen Zusammen-
stellung der Farben, wenn man auch abrechnet, was sie in dieser
Beziehung durch das Verbleichen gewonnen haben, möchte ich die
Ausführung dieser Bilder nicht später, als um 1300 ansetzen. Das
Local-Böhmische tritt indess darin nicht hervor, wie denn auch die
durchgehend deutschen Beischriften auf einen deutschen Künstler
schliessen lassen.
Zweites
Kapitel
VOll
1350-
1420.
Ausbildung
der
eigentlichen
selbständigen
Malerei.
Ungefähr von dem Jahr 1340 an kommt das malerische Gefühl,
welches sich schon seit dem Jahr 1300 ankündigte, mehr und mehr
zur Ausbildung. An die Stelle der mageren und harten schwarzen
Umrisse treten breitere und weichere, mit dem Pinsel gemachte und
mit der übrigen Malerei genauer verbundene. Die Uebergänge vom
Licht zum Schatten werden feiner und miteinander verschmolzen,
die harmonisch einander zugebrochenen Farben verdrängen die grell-
bnnten und zeigen das Erwachen eines feineren Farbengefühls. Am
längsten halten sich noch das Blau und das Zinnoberroth in ihrer
Ganzheit. So wollte auch jener unschöne Typus dem Erwachen
eines Gefühls für Naturwahrheit und Schönheit nicht mehr genügen.
Es bildete sich ein neuer, auf eine glückliche Beobachtung der Na-
tur begründeter, durch die Feinheit des Ovals, wie der übrigen
Theile, namentlich der Münder und der graden, nur bei Männern
etwas gekrümmten Nasen, sehr gefälliger Typus, in welchem man
das vorwaltend religiöse Gefühl der Zeit, geistige Reinheit, männ-
liche Würde, mehr noch weibliche Milde, in einfacher, aber deut-
licher Weise ausdrücken lernte. Bei profanen Personen zeigt sich
etwas mehr Mannichfaltigkeit aus der Natur entlehnter Formen und
ein oft recht lebendiger Ausdruck. Die Motive werden edler und
gemäßigter, in den Gewändern tritt in den Falten ein feinerer,
Jnßhr malerischer Geschmack und ein weicher Fluss ein. Die Zeich-
Wßagen, Handb. d. Malerei. I. 4