Epoche von 1250 bis 1420.
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pendium in der Kirche des adeligen Fräuleinstiftes zu Lüne. Das-
selbe stellt _in der Mitte Christus am Kreuz in byzantinischer Auf-
fassung, umher die Verkündigung, die Anbetung der Könige, die
Darstellung, die Taufe, die Geisselung, die Kreuzigung, die Auf.
erstehung und die Niederfahrt zur Hölle vor. Die ganze Kunstform
der ziemlich rohen Malerei erinnert noch sehr an die, welche vor
1250 herrschend war.
Von Wandmalereien führe ich sonst nur noch die gegen das
Ende dieser Epoche fallenden, in einem niedrigen Raum des vor-
maligen Ehingerhofs zu Ulm befindlichen an. Die zu zweien zu-
sammensitzenden Männer dürften Propheten vorstellen. Recht lebendig-
ist ein Mann mit einem Hunde und eine Frau mit einem Aifen an
der Eingangsthür. Obwohl sie später nachgebessert worden, so
lässt sich doch noch erkennen, dass sie ursprünglich auf einer nie-
drigen Stufe der Ausbildung gestanden und von sehr einfacher
Behandlung gewesen sind.
Für die Anwendung der Malerei auf weltliche Gegenstände sind
zwei Manuscripte interessant, welche die Gedichte der Minnesinger
enthalten. An der Spitze der Gedichte eines jeden befindet sich
derselbe meist in einer passenden Beschäftigung vorgestellt. Von
einer portraitartigen Individualisirung findet sich keine Spur, son-
dern in allen herrscht der Typus dieser Epoche in ziemlich derber
Form. Die schwarzen Umrisse sind breit und derb mit einer ge-
wissen Handfertigkeit gemacht und ziemlich flüchtig und roh illu-
minirt. Es findet sich darin schon ganz die Zeichnungsweisüwelche
den Holzschnitten dieses und des nächsten Jahrhunderts zum Vor-
bilde diente. Das älteste, etwa um 1280 verfasste, vormals im
Kloster Weingarten in Schwaben, befindet sich jetzt in der Privat-
bibliothek des Königs von Württemberg in Stuttgart. Es verräth
einen nur geringen Künstler, doch sind, wie auch die Probe von
zwei Liebenden, welche sich Treue schwören, beweist (Fig. 10),
die Motive der Figuren oft recht sprechend und lebendig und deuten
auf ein besseres Original, welches ohne Zweifel wegen der Ueber-
einstimmung in den Erfindungen, auch dem andern, unter dem Na-
men des Manessischen Codexes so bekannten, etwa um das Jahr 1300
geschriebenen Manuscript in der kaiserlichen Bibliothek in Paris zum
Grunde liegt. Die Bilder in diesem Codex von grossem Quart sind
von allßelmliehem Umfang und zeugen auch von einem beSSQYGH