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durch die Grösse, als durch die entschiedenen Motive macht das
Bild eine namhafte Wirkung. Doch ist die Behandlung flüchtig,
die Füsse und Hände sehr schwach. Zu den Seiten dieses Bildes
befinden sich, nur in Umrissen, der nach Christus deutende Johannes
der Täufer mit dem Lamm, und der heilige Christoph mit dem Kinde.
Obwohl im nördlichen Deutschland in der Malerei ein gewisser
Einfluss aus den Niederlanden wahrnehmbar ist, so findet man doch
schon hier, noch mehr aber im südlichen Deutschland die Formen
plumper, die Umrisse derber und gröber. So sind auch die Köpfe
meist zu dick und stellen sich schon früh jene kurzen Nasen ein.
Ein Beispiel jenes Einflusses von den Niederlanden aus gewährt
das Manuscript eines Psalteriums in der Ambraser Sammlung zu
Wien, welches wahrscheinlich in einem Nonnenkloster in West-
phalen nicht lange nach dem Jahr 1300 angefertigt worden ist.
Es enthält in 84 Runden ebensoviele Bilder von Erschaifung der
Welt bis zum jüngsten Gericht, deren Umrisse zwar mager, aber
in seltner Präcision mit der Feder gezeichnet sind.
In Köln befinden sich im Chor des Doms auf der Umfassungs-
mauer der Chorstühle eine Anzahl von Wandgemälden, von denen
die auf der Evangelienseite Vorgänge aus dem Leben des heiligen
Petrus und des Pabstes Sylvester, die auf der Epistelseite aus dem
Leben der Maria und aus der Legende der heiligen drei Könige
darstellen. Die Proportionen sind gut, die Motive sprechend und
lebendig, die Gewänder von gutem Geschmack, die Köpfe aber
noch sehr typisch und von wenig Ausdruck. Die Stufe der Ausbil-
dung mit dicken, röthlichen Umrissen und sehr weniger Angabe von
Schatten ist sehr gering. Da diese Bilder wohl ohne Zweifel zur
Einweihung des Chors im Jahr 1322 fertig gewesen sind, und man
für den Chor, als den heiligsten Raum der Kathedrale, ohne Zweifel
die besten Maler gewählt haben wird, lässt sich daraus auf den
damaligen Zustand der Malerei in Köln, einem der Hauptmittel-
punkte Deutschlands, kein günstiger Schluss ziehen. Allerlei klei-
nere scherzhafte Darstellungen unter diesen Bildern sind zwar
manierirt, und in der Ausführung roh, doch geistreich in der Er-
findung. Ebensowenig legen zwei Staffeleibilder im städtischen
Museum zu Köln, ein kleiner Altar mit einer Kreuzigung, und
die Apostel Paulus und Johannes, für diese Gattung von Malerei
ein günstiges Zeugniss ab.
In Niedersachsen kenne ich aus dieser Epoche nur ein Ante-