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Buch.
Kapi
Ein sehr reiches und interessantes Denkmal ist ein etwa gegen
1200 geschriebenes Evangeliarium in der Dombibliothek zu Trier.
Es findet sich darin eine sehr reiche und besonders eigenthiimlicheß
Darstellung der Wurzel Jesse und viele andere symbolische Dar-
stellungen seltner Art mit zahlreichen Beisehriften. Es kommen hier
auch noch antike Personificationen, z. B. Flussgötter vor. Ein
ungefähr derselben Zeit angehöriges Psalterium, welches vrahrscheinw
lieh in der Rheingegend geschrieben, sich jetzt in derstädtisehen
Bibliothek zuI-Iamburg befindet, (No. 85) zeigt, was die Malerei in
Deutschland in so früher Zeit vermochte. Es finden sich ebenso
schöne, als eigenthümliche Motive vor. Soibei der Darstellung im
Tempel, dass das Kind die ltlaria liebkost, bei der eine ganze Seite
einnehmendcn lilaria mit dem Kinde, welche an Grossartigkcit an
die des Guido von Siena erinnert, in dem Kinde die Geberde des
Nachsinnens. Ein wahrscheinlich in Mainz geschriebenes Evangelia-
rium in der Bibliothek zu Aschaffenburg (N0. 3) aus derselben Zeit
ist sowohl durch. den Reichthum der Bilder, unter denen sich be--
sonders die Bergpredigt auszeichnet, als durch die Güte der Kunst
eins der wichtigsten Denkmäler dieser Zeit. 1 Ein für den bekann-
ten Landgrafen von Thüringen, mithin zwischen 1193 und 1'316
geschriebenes Psalterium, welches früher im Kloster zu Weingarten,
sich jetzt in der Privatbibliothek des Königs von Württemberg zu
Stuttgart befindet, ist für den Zustand der Malerei in Sachsen um
diese Zeit von grosser Wichtigkeit. Die wenigen Bilder nehmen
eine ganze Seite ein, und gehören, ganz in der oben angegebenen
Art byzantinischer Malweise ausgeführt, zu dem Vorzüglichsten, was
wir aus dieser Zeit von deutschen Miniaturen besitzen. Besonders
zeichnet sich auch die von Dibdin in einem Facsimile gegebene 2
Darstellung der Dreieinigkeit aus. Der im Mosaikentypus Christi
anfgefasste Gott Vater hält den ebenso dargestellten Christus am.
Kreuze vor sich. Die Vorstellung befindet sich innerhalb einer Man-
dorla von Glanzgold, welche mit einem Rande von Regenbogenfar-
ben umgeben ist. Der Gekreuzigte ist ganz in byzantinischer Weise
aufgefasst. Nächstdem ist noch Christi Niederfahrt zur Hölle beson-
ders bemerkenswerth. Diese Bilder gewähren ein besonders glück-
liches Beispiel von jener Belebung und Milderung der Strenge
1 Näheres darüber Kunstwerke und Künstler i? Deutsphland Th. I. S. 377 H".
2 A hibliographical Tour etc. Th. III. S. 158. Naheres über die Miniaturen dieses
Manuscripts, von Kugler im Museum von 1834. N0. 13. S. 97.