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Kapitel
Bildern von blossen Umrissen, mit meist sehr flüchtiger Illuminirung
in Farben, aus. Mit verhältnissmässig wenigen Ausnahmen bestehen
die aus dieser Epoche noch vorhandenen Malereien aus Miniaturen
in Manuscripten, deren ich hier nur einige der vorziigliehsten her-
verlieben kann.
Ein Psalterium in der Bibliothek des Fürsten Wallerstein zu
Mahin gen unweit Nördlingen, welches dem Anfange dieser Epoche
angehören möchte, zeigt in der Darstellung der Beschäftigungen der
verschiedenen Monate im Kalender manche lebendige, aus dem Le-
ben genommene Züge, so im März den Säemann, so im September
das Pflücken, Treten und Keltern der Trauben, so im November
das Zapfen des Biers. In den Bildern religiösen Inhalts erkennt
man zwar entschieden byzantinische Vorbilder, doch hat die Maria
in der Geburt, wie der seine Wundenmale zeigende Christus, etwas
Grossartiges und Edles. Die Stimmung der Farben ist licht. Von
grosser Wichtigkeit in jedem Betracht ist ein Manuscript, welches
Auszüge aus den Kirchenvätern und anderen Schriften enthält, und
in den Jahren von 1159-1175 von Herrad von Landsberg, Aebtis-
sin des Klosters Hohenburg" zur Belehrung und Unterhaltung ihrer
Nonnen verfasst, und mit einer sehr grossen Anzahl von Miniaturen
geschmückt worden ist. Bis zur Revolution in jenem Kloster unter
dem Namen hortus deliciarum aufbewahrt, befindet es sich seitdem
in der Üniversitätsbibliothek zu Strassburgß Nach dem religiösen
Standpunkt der Herrad wird Alles, was man damals für wissens-
Werth hielt, in den Inhalt der Bibel, von Erschaffung der Welt bis
zum jüngsten Gericht, eingeschoben. Die Bilder enthalten daher
auch seltnerweise ausser den gewöhnlichen religiösen Gegenständen,
eine grosse Zahl aus dem Bereich der antiken Mythologie, und für
den Geist des Mittelalters höchst charakteristische Allegorien und
mystisch phantastische Darstellungen. Zugleich tritt hier die Beleh-
rung, als der Hauptzweck der Bilder besonders deutlich hervor, wel-
eher zu Liebe selbst, an die indischen Gottheiten erinnernde, Ab-
weichungen von der menschlichen Gestalt vorkommen. S0 iSf die
Philosophie als eine weibliche Gestalt mit drei Köpfen dargestellt,
deren Bedeutung aus den Beisehriften ethica, logiea und phisica (sie)
erhellt. So ist bei einer Darstellung der Verbindung des alten und
neuen Testaments die Hauptfigur mit zwei Köpfen, deren der eine
1 Siehe darüber Engelhardt,
iaruui. Cutta 1818.
Herz-ad von Laudsjberg und
ihr Werk,
hortus
deli