Buch.
Kapitel.
in Friesland durch den heiligen Willebrord. 1 Diese beiden Ele-
mente sind nun von den, in diesen Manuscripten Karls des Grossen
thätigen Künstlern mit Anwendung der kostbarsten Farben, be-
sonders des Purpurs, so wie des Goldes und des Silbers zu einem
System der Ornamentik verarbeitet worden, welches die grösste
Pracht, mit einem sehr cigenthümlichcn und ansprechenden Ge-
schmack und einer bewundrungswiirdigen technischen Meisterschaft
verbindet. Es spricht sich hierin offenbar dieselbe tectonische An-
lage des germanischen Volksstamms aus, welche später in der
Architektur sich "so glänzend bethätigen sollte. Als im neunten
Jahrhundert unter den Enkeln Karls des Grossen Frankreich und
Deutschland sich zu abgesonderten Staatsverbänden gestalteten,
lässt sich auch bald in den Malereien beider eine Verschiedenheit
wahrnehmen. Ich ziehe daher die in Frankreich ausgebildete Weise
hier nur so weit in Betrachtung, als sie gelegentlich auf die in
Deutschland übliche Einfluss ausgeübt hat. Der byzantinische Ein-
fluss verliert sich in jener französischen, wohl aber erkennt man
in den Darstellungen Vorbilder altchristlicher Kunst, wie sie in
Italien und Frankreich sich ausgestaltet hatten. Indess macht sich
im Verlauf des 9. Jahrhunderts in dem Typus der Köpfe mit
Nasen von einer unförmlichen Dicke und Länge, in einem ziegel-
rothen Ton des Fleisches, in einer roheren Behandlung, immer
mehr ein barbarisches Element geltend. In den Verzierungen
der Initialen und Ränder, in dem oben" angegebenen System hält
sich dagegen die Kunst auf einer ungleich grösseren Höhe. Haupt-
denkmäler dieser Art sind die Bibeln Kaiser Karl des Kahlen im
Museum der Monarchen von Frankreich im Louvre, und in der
Königl. Bibliothek zu München, vordeni im Kloster St. Emmeran
in Regensburg, sowie die Bibel Kaiser Karl des Dicken in der
Kirche des heiligen Calixtus zu Romß Eine andere Reihe von
Miniaturen in in Frankreich geschriebenen Manuscüpten, worin sich
entschieden ein Einfluss angelsächsischer Kunst aussprichtß be-
trachte ich hier nicht näher, da diese Gattung keinen Einfluss auf
die Malerei in Deutschland ausgeübt zu haben scheint.
Die eine Art von Denkmälern in Deutschland, welche sich er-
1 Näheres darüber in meinen Nachträgen zu Kuglex-"s Handbuch der Geschichte der
Malerei im Deutschen Kunstblatte vom Jahr 1850. S. 83. 2 Dort irrig für eine
Bibel Karls des Grossen ausgegeben. Vgl. darüber den obigen Aufsatz im Kunst-
blatt. S. 92. 3 Vgl. meine Kunstwerke und Künstler in Paris. S. 258.