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III.
Buch.
Kapitel.
ders ist von Belgien aus der Einüuss des Quintin Massys wahrzu-
nehmen. Bei einer entschieden realistischen Richtung erheben sie
sich in den Köpfen meist nicht über das Gewöhnliche und zeigen
wenig Sinn für Schönheit, sind aber oft tief und ergreifend im Aus-
druck. In der Färbung kommen sie den Niederländern sehr nahe,
auch in der meisterlichen Ausbildung der Einzelheiten, namentlich
der häufig sehr ausführlichen, landschaftlichen Hintergründe. In
der Behandlung unterscheiden sie sich von denselben durch eine
gewisse Trockenheit und grössere Härte der Umrisse.
Köln bildet wieder den Mittelpunkt der malerischen Bestre-
bungen. Mit besonderer Vorliebe werden daselbst Vorgänge aus
der Passion, welche schmerzliche Gefühle erregen, namentlich die
Abnahme vom Kreuz, zunächst aber die Anbetung der heiligen dre
Könige, dargestellt.
Vor allen zeichnet sich hier ein kölnischer Meister aus, welcher
in dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts geblüht, und, nach der
Uebereinstimmung mancher Köpfe, in Auffassung und Farbe, mit
denen, des, oben erwähnten, Meisters der Familie Christi, ursprüng-
lich ein Schüler desselben, nachmals offenbar in der Färbung, wie
in der Ausbildung der landschaftlichen Hintergründe, sich nach
Quintin Massys gebildet, später aber auch Italien besucht hat, ohne
indess, durch den dort empfangenen Einüuss, in den wesentlichsten
(Stücken sein deutsches Kunstnaturell aufzugeben. In seinen, be-
sonders in der späteren Zeit, mit "Einsicht eomponirten Bildern
herrscht ein echtes und warmes religiöses Gefühl. In deniKöpfen
seiner Frauen verräth sich i'iel Sinn für Schönheit und geistige
Reinheit, seine männlichen Köpfe sind dagegen zwar durchgängig
sehr wahr, aber meist von, unschöner Bildung, besonders haben die
älteren Männer seiner früheren Werke häufig zu weiche, mehr alten
Frauen angemessene Formen. Nackte Körper sind öfter von einer
gewissen Magerkeit. Sonst ist er ein ziemlich guter Zeichner. Seine
früheren Bilder sind von einer ungemeinen Klarheit und Wärme
der Färbung, welche im Fleisch blühend röthlich ist. In seinen
späteren , einen Einfluss italienischer Kunst verrathenden Werken,
wird dieser schöne Lokalton dem Bestreben nach grösserer Model-
lirung geopfert, zugleich tritt aber in den meisten Köpfen eine edlere
Bildung, überhaupt ein reinerer Geschmack ein. In der niederlän-
-dischen Ausführlichkeit der Landschaft bleibt er sich zwar stets
gleich, indess stellt sich in den späteren Bildern darin ein schwe-