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III.
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Kapitel.
auch im Portrait ein tüchtiger Meister. Hiervon geben sein, in der
Auffassung feines, in der Modellirung noch etwas flaches Bildniss
eines Grafen von Oettingen in der Pinakothek, N0. 156, vom Jahr
1508, und seine, ungleich lebendigeren und in der Farbe kräfti-
geren Bildnisse in der Bessefschen Kapelle und in der Sacristei des
Münsters zu Ulm Zeugniss.
Eine ganz eigenthümliche Stellung nimmt endlich der etwa um
1470 zu Gmünd geborene und 1552 zu Strassburg gestorbene Hans
Baldung, genannt Grien, in der schwäbischen Schule ein. Kein
anderer Meister derselben zeigt, sowohl in der Auffassung, als in
der Art der Zeichnung und Behandlung, einen so grossen Einfluss
des Albrecht Dürer. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass er sich
eine Zeitlang in Nürnberg in dessen Schule befunden hat. Er steht
besonders in Rücksicht des Gefühls für Schönheit, für Harmonie der
Farben und für Haltung den anderen Meistern der schwäbischen
Schule nach. In seinen Köpfen wiederholt er zu häufig eine, in
den einzelnen Theilen zu ausgeladene und rundliche, wenig anspre-
chende Form. Bei weitem sein Hauptwerk ist der grosse, mit 1516
bezeichnete Ilauptaltar im Freiburger Münsterf Das Mittelbild
stellt die Krönung Mariäi durch Gottvater und Christus und schwe-
bende Engel, welche musioiren dar. Das lichte Wolkenmeer, wel-
ches sie trägt, löst sich, bei näherer Betrachtung, in lauter Köpfen
von Cherubim auf. Die Innenseiten der Flügel enthalten die zwölf
Apostel in Verehrung, tüchtige Charakterköpfe. Die Aussenseiten
der Flügel und zwei feststehende Seitenbilder sind durch die Ver-
kündigung, die, wie es scheint, von anderer Hand, die Heimsuchung,
die Geburt und die Flucht nach Aegypten,' geziert. Bei der Heim-
suchung ist der liebliche Ausdruck der Jungfrau, und das stille,
milde Antlitz der Elisabeth von grossern Reiz. Bei der Geburt
geht das Lieht vom Kinde aus. Ausserdem wird die Gruppe von
hellem Mondschein beleuchtet. Auch hier ist der Ausdruck der
Maria und der fünf Engel von grosser Zartheit. Vor allem aber
ist, sowohl wegen der schönen und eigenthümlichen Composition,
als wegen der gelungenen Ausführung, die Flucht nach Aegypten
hervorzuheben. Ein Engel, welcher sich von einer Dattelpalme,
worauf vier andere herumklettern, auf das Maulthier herahgeschwun-
1 S. über das Leben di
ster zu Freiburg, z. Auflagu
heft S. 75.
eiäters und dieses Werk, Schreiber, das Mün-
dus Münster zu Stmssburg, 2. Auflage, Text-
ases Me
, und