Epoche von 1500 bis 1550.
Wie früh er schon das individuelle Leben als Zeichner aufzu-
fassen verstanden, beweisen die, sänimtlich noch in Augsburg in
Silberstift gezeichneten Bildnisse eines "Skizzenbuchs in der königl.
Kupferstichsammlung zu Berlin. Wie Ausserordentliches er aber
später darin geleistet hat, davon legen die S9, in der königlichen
Sammlung zu Windsor befindlichen Bildnisse, von Personen vom
Hofe Heinrich VIII. und sonstiger englischer Zeitgenossen, ein glän-
zendes Zeugniss ab. Bei der Mehrzahl ist nur rothe Kreide und
Tusche in Anwendung gekommen, mit diesen einfachen Mitteln aber
in Lebendigkeit der Auffassung, in Feinheit des Naturgefühls, in
Leichtigkeit und Sicherheit des Machwcrks Bewunderungswürdiges
geleistet. 1 Leider haben viele dieser Zeichnungen sehr gelitten.
Ueber die besonders ausgezeichneten habe ich anderweitig einige.
Notizen gegeben. 2
Von dem Reichthum des holbeinschen Geistes als Erfinder ge-
währen uns nur seine Zeichnungen, vor allen aber die nach den-
selben gemachten Holzschnitte und Kupferstiche eine Vorstellung. An
Zeichnungen dieser Art beündet sich der grösste Schatz im Museum
zu Basel. 3 Ein wüthender Kampf von Landsknechten, N0. 35,
beweist uns, mit welcher furchtbaren Wahrheit er solche augen-
blickliche Aeussermigen der höchsten Leidenschaftwiederzugeben
verstanden hat. Es ist die geistreichste und lebendigste Vergegen-
wärtigung jener alten Schweizer, welche die llIacht von Burgund
brachen, und deren Waffengewalt lange für unwiderstehlich gehal-
ten wurde. Ungleich grösser und ebenfalls trefflich ist eine Schlacht
von Landsknechten in der Sammlung des Erzherzogs Albrecht zu
Wien. Auch ein Mahl von Landsknechten mit der Feder gezeich-
net und angetuscht, vom Jahr 1522 , ebenda, ist höchst lebendig
und geistreich. Von biblischen Gegenständen zeichnet sich inBasel
durch Reichthum und Schönheit der Composition eine Kreuztragung,
durch Adel des Gefühls eine Maria mit dem Christkinde aus. Besonders
wichtig, wenn gleich von sehr ungleichem Werth, ist eine reiche
Folge von mit der Feder und Tusche gemachten Gartens zu Glas-
gemälden von sehr lnäftiger Wirkung. Sieben ähnliche Gartens, die
Passion darstellend, ebenfalls aus der früheren Zeit des Meisters,
befinden sieh in der Kupferstichsammlung des britischen Museumsß
1 Die Stiche des Bartolozzi in dem bekannten Werk von Chilmbeflüillß sind
zwar 561153154113 Sehen aber von diesen Eigenschaften nur eine schwache Yor-
gßelhlng. 9 S. Trcasures Th. II. 4-18 ff. 3 Kunstw. und Künstler in
Deutschland Th. ll. S. 283-291. 4 S. Treasurc-s Th. I. S. 236.