Epoche von 1500 bis 1550.
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sichere Nachricht, welche wir von ihnen haben, denn, wenn die-
selben gleich wahrscheinlich, nach dem, schon zwei Jahre später
erfolgten Tod jenes Prinzen, in den Besitz seines Bruders, des Kö-
nigs Karl I., übergegangen, und, wie Lappenberg aus dem Umstande
sehliesst, dass sie unter den von Oromwell verkauften Kunstwerken
dieses Königs nicht erwähnt werden, in dem Brande des Schlosses
Whitehall im Jahr 1697 zu Grunde gegangen sein dürften, so ist
es "doch sehr auffallend, dass sie unter den Bildern des Holbein in
dem bekannten Katalog der Kunstsammlungen Karl I. von dem
Aufseher derselben Vanderdoort, wo doch mehrere, minder bedeu-
tende Bilder Holbeins, selbst zwei Miniaturen, aufgeführt werdenf
gar nicht erwähnt werden. Nach dem Jahr 1533 hat I-Iolbein
nur sehr selten seine Bilder mit der Jahrszalil bezeichnet. Dass
er indess im Jahr 1536 noch die oben bezeichnete Kunstweise bei-
behalten, beweist das Bildniss der Jane Seymour, Gemahlin Hein-
richs, in der kaiserlichen Gallerie zu Wien, welches diese Königin
in sehr reicher Tracht, wobei er viel Gold gebraucht, vorstellt. Der
Localton des Fleisches ist hier kalt, indess doch sehr klar, die
Schatten entschieden grau, die Handschrift des Pinsels von grösster
Präcision. Ungefähr aus derselben Zeit dürfte das Bildniss des
Königs, in ganzer, lebensgrosser Figur, welches ihn, wie alle, in
steifer, repräsentirender Stellung darstellt, im Besitz des Herrn Henry
Danby Seymour in London, herrühren? Die Bildnisse Holbeins
vom Jahr 1539 an beweisen, dass er, entweder von anderen auf-
merksam gemacht, oder aus eigner Wahrnehmung, statt des zu
kalten Lokaltons seiner Fleischtheile einen zartröthlichen, von
grosser Klarheit annahm , wobei er indess die grauen Schatten
beibehielt. Vielleicht übte der Anblick seiner früheren, warm
colorirten Bilder in Basel, welches er in Folge eines sehr ehren-
vollen Schreibens des Magistratsß im September des Jahrs
1538 zum letzten Mal, wenn gleich nur auf kurze Zeit, 4 besuchte,
einigen Einfluss auf diese Veränderung aus. Ein Beispiel dieser
1 Vergl. den Abdruck dieses Verzeichnisses am Ende des ersten Bandes meiner
Kunstwerke und Künstler in England unter Holbein. 2 S. Treasures Th- T1-
S- 241- 3 S. dieses Schreiben bei Hegner S. 246 ff. 4 Dieses, und Wie glück"
lieh sich Holbein in England üihlte, geht aus folgender Stelle eines, in der Mitte
des Sepcember 1538 von dem damals in Basel studirenden Gualters an den Antistes
Bullinger zu Zürich geschriebenen Briefes hervor. "Venit nuper Basileam ex Anßll
Jonnnes Hnlhein. adeo felicem ejus regni statum praedicans, quod aliquot septi-
manis exnctis rursum eo migmturus est."
Waagen, Handb. d. Malerei. I. 18