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Stücken Geldes. Der Künstler kam dieser Aufforderung erst im
Jahr 1533 nach, als er seinen Herrn, den König, bei der berühmten
Zusammenkunft mit dem Könige Franz I., begleiteteß Bei der
grossen Gunst, worin er fortwährend bei dem Könige stand, beidem
ansehnlichen Gewinnst, welchen ihm auch sonst der Aufenthalt in
England gewährte, ist es sehr begreiflich, dass er, sobald als mög-
lich, dahin zuriickkehrte. In den nächsten Jahren führte er wahr-
scheinlich das einzige umfassendere Werk aus," worin er Gelegen-
heit hatte, sein Talent für die Historienmalerei in England zu zeigen.
In Auftrag seiner Landsleute, der Genossenschaft der deutschen
Hansa in London, malte er nämlich für den Festsaal ihres, unter
dem Namen desiSteelyards bekannten, Gebäudes auf Leinwand in
Leimfarben zwei grosse Bilder, den Triumph des Reichthums und
deni Triumph der Armuth. Diese Bilder waren von einer Vortreff-
lichkeit, dass Federigo Zucchero, nach dem Zeugniss des van Man-
der,3 sie denen von Raphael gleich achtete und sich mit der Feder
Copien davon nahm. Auch van Mander bewundert sie nicht we-
niger, und in der That wird diese Bewunderung sowohl durch die,
in den letzten Jahren für die Kupferstichsammlung des brittischen
Museums erworbene, höchst meisterlich mit der Feder ausgeführte
Zeichnung Holbeinsß welche in der Kunstform zwischen Mantegna
und Raphael mitten inne steht, als durch die trefflichen Zeichnungen
Vorstermanns, im Besitz von Sir Charles Eastlake in London, nach
beiden Triumphen, vollständig gerechtfertigt. Die Compositionen
sind mit vielem Stylgefühl im Raum vertheilt, die Motive sprechend
und graziös, das Kalte solcher Allegorien durch die Individualisi-
rung der Köpfe glücklich vermieden. Die Bilder selbst wurden, als
das gemeinsame Leben der deutschen Kaufleute aufgehört hatte,
von dem Vorstande derselben, wie urkundlich von dem Dr. Lappen-
berg festgestellt worden ist, 5 am 22.Januar des Jahrs 1616 dem Prinzen
von Wales, Heinrich, zum Geschenk gemacht. Dieses ist die letzte
1 S. Hegner im angef. Werk S. 242 ff. 2 Ich bin geneigt es aus dieser Zeit
zu halten, weil der Künstler darin auf der grössten Höhe seiner Entwickelung
erscheint. Der Umstand, dass Horace Walpole in einer der Frauen auf dem Bilde
des Triumphes des Rcichthums eine Aehnlichkeit mit der Königin Anna Boleyn
gefunden, wodurch die Bilder i_n die fruhere Zeit des Meisters gehören würden,
kann mich in dieser Ansicht nicht irre machen, indem diese Beobachtung nur
nach den Zeichnungen Vurstermanns, welche er besass, gemacht; würden ist
3 Schilderboek Blatt 14-1 a. 4 Treasures Th. IV. S. 36. ö In seiner n-etfliehen
Schrift: Urkundliche Geschichte des Hansischen Stahlhofes zu London. Hamburg
1851. I. Th. 4. S. 83. Die gewöhnliche Annahme, dass die Bilder in jenem
Festsaal (Bankettiug Hllll) bei dem grossen Feuer vom Jahr 1666 verbrannt seien,
wird hierdurch widerlegt.