Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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Buch 
Kapitel. 
Anno Aetatis suae LVlL, und dem Wahlspruch: „Droit et avant". 
In den {einen Zügen herrscht eine leise Melancholie, welche sehr 
wohl mit dem Inhalt einer Stelle aus dem Buche Hiob auf einem 
Papier übereinstimmt, worauf er deutet: „Nunquid non paucitas 
dierum meorum finitur brevi?" (Wird denn nicht bald mein kurzes 
Leben zu Ende gehen Et). Er ist in Schwarz gekleidet mit Unter- 
ärmeln von einem goldnen Muster. Das Naturgefuhl ist sehr fein, 
die Ausbildung meisterlich. Auf dem nicht minder schönen Exem- 
plar in München, N0. 143, Cabinette, fehlen die Insehriften auf 
dem Grunde gänzlich. Der Stelle aus dem Hiob ist aber Job. cap. 
V10 und IO. HOLPAIV hinzugefügt. Ein Todtengerippe, welches 
auf eine fast abgelaufene Sanduhr deutet, ertheilt dadurch eine 
Antwort auf jene Frage. Auch das leider im Fleisch verdunkelte 
Bildniss des Sir Henry Guildford in Hamptoncourt ist mit 1527 be- 
zeichnet, und also ebenfalls im 1. Jahr von Holbeins Aufenthalt in 
England gemalt. Das Jahr 1528 bildet wieder einen Uebergang 
zu einer neuen Wendung in dem Kunstgange des Meisters. Das 
höchst vortreffliche Bildniss des Richard Southwell, Geheimeraths 
Heinrich VlIL, in der Gallerie der Ufüzien zu Florenz, welches 
ausser diesem Jahr, mit dem 10. Juli bezeichnet ist, dürfte unter 
den datirten Bildern dieses Jahrs das frühste sein. Es schliesst sich 
in Auffassung und Färbung noch eng an die des Sir Bryan Tuke 
Miles an. Diesem dürfte zunächst das des William Warham, Erz- 
bischofs von Oanterbury, im Louvre, N0. 207, folgen. Es ist etwas 
breiter behandelt. Das mit demselben Jahr bezeichnete Bild des 
Astronomen Heinrich VIII., Nicolaus Kratzer, ebenda, N0. 206, zeigt 
aber in den Formen eine grössere Auffassung und Vereinfachung, 
ist dagegen in der Färbung von einem zwar tiefen, aber ungleich 
minder klaren Braun. Aus diesen Bildnissen geht mit Sicherheit 
hervor, dass das Fest, wozu Thomas Morus Heinrich VIII. einlud 
um ihm die Bilder des Holbein zu zeigen und den Künstler selbst 
ihm vorzustellen, wovon uns van Mander erzählt, 1 spätstens in die 
erste Hälfte des Jahrs 1528 gefallen sein muss, indem er nicht alle 
jene Personen ohne Wissen des Königs hätte malen können, Der 
kunstliebende König fand ein so grosses Wohlgefallen an den Bil- 
dem, wie an dem Künstler, dass er ihn sogleich in seine Dienste 
nahm. Er erhielt ein Gehalt von 30 Pfund Sterling, eine für jene 
1 Ebenda Bl 
143 a.
	        
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