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III.
Buch
Kapitel.
hat er zugleich hiermit den Ausdruck von stiller, ruhiger Demuth
und Andacht zu vereinigen gewusst. Dieses Bild ist ohne Zweifel
von dem Bürgermeister, einem eifrigen Katholiken, in eine-der Maria
geweihte Capelle gestiftet worden. Es ist frisch und markig in
einem irahren, bräunlichen Ton der Fleischtheile gemalt, und fällt,
wie sich aus verschiedenen Abweichungen von dem berühmten Bilde
desselben Gegenstandes in der Dresdener Gallerie abnehmen lässt,
etwas früher als dasselbe. Sehr begreiflich ist es aber, dass der
Besteller die so trefflichcn Bildnisse seiner Familie, grade in dieser
religiösen Handlung, auch als theures Andenken in seiner Wohnung
zu haben wünschte und Holbein mit einer NViederholung desselben
beauftragte. Dem in ziemlich dürftigen Verhältnissen belindlichen
Künstler konnte dieses aber nur sehr willkommen sein, und so ist,
meiner Ueberzeugung nach, das Bild in Dresden entstanden. Die
Veränderungen, welche sich darin, im Vergleich zu jenem ersteren,
vorfinden, sind recht eigentlich auf eine Betrachtung ganz in der
Nähe, wie dieses die Aufstellung in einem Zimmer mit sich bringt.
berechnet. Der Kopf derM-aria ist in Form und Ausdruck lieb-
licher und milder, in der Behandlung, bei minderem Impasto, zarter
und mehr in das Einzelne gehend. Letzteres gilt auch, mehr oder
minder, von den meisten anderen Theilen. Nur der Kopf des Bürger-
meisters hat etwas Hartes und Leeres. Der ziemlich roh und mecha-
nisch behandelte Fussteppich dürfte endlich die Arbeit eines Gehülfen
sein. Zwei andere, ebenfalls im Jahr 1526 ausgeführte, im Museum
zu Basel befindliche Bilder, weichen in der Färbung und Malweise
so entschieden von allen bisherigen Bildern Holbeins ab, und zeigen
in der Zartheit des warmgelblichen Lokaltons, in dem stärkeren
Gebrauch der Lasuren, und der grösseren Weiche der Umrisse einen
so starken Einfinss der niederländischen Kunst, dass ein Kenner,
wie der Herr von Rumohr , sie für Werke des Bernhart van Orley
halten konnte. Das eine stellt ein schönes und reizendes Mädchen
in zierlicher Tracht, angeblich das Bildniss eines Mitglieds der Fa-
milie Otfenburg in Basel, mit der Aufschrift: „Lais corinthiacaßl
N0) 34, das andere dieselbe, etwas weniger reizend, als Venus mit
dem ziemlich hässlichen Amor, N0. 3a, dar. Obwohl nur das letzte
mit 1526 bezeichhet ist, stimmt das erste doch in jedem Betracht
so mit diesem überein, dass sicher beide derselben Zeit angehören.
S 1 Die Vermuthungen über diese Bezeichnung bei liogner im angef. Werk
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