246
III.
Buch
Kapitel.
sehen der fränkischen und schwäbischen Schule ein, und muss allen
beiden seine Bildung als Künstler verdanken. In der stylgemässen
Anordnung, worin er das alte Gesetz der Symmetrie, indess mit
einer gewissen Freiheit, beibehält, in der festen Zeichnung, in der
Würde seiner männlichen Charaktere, zeigt er eine Verwandtschaft
zur fränkischen, in dem grüsseren Schönheitssinn, zumal in den
Frauen, in der Fülle der Formen, dem edleren und von scharfen
Brüchen minder gestörten Gcschmacke des Faltenwurfs seiner Ge-
wänder, der sorgfältigeren Modellirung, der oft sehr harmonischen
Zusammenstellung seiner Farben, wobei in den Gewändern häufig
ein dunkles Violett, ein tiefes Purpurroth, und ein leuchtendes Grün
verwalten, in der grösseren Verschmelzung der Umrisse mit den
Formen, giebt sich ein entschiedener Einfluss der schwäbischen
Schule kund. In den Proportionen seiner Figuren ist er häufig etwas
kurz. Der Fleischton seiner männlichen Figuren ist meist bräunlich
fahl, seiner weiblichen Figuren und seiner Kinder angenehm röthlich
und klar. Das bedeutendste, und allein sicher beglaubigte Werk
von ihm ist ein aus sechs Tafeln bestehendes Altarbild, welches er
im Auftrag jenes Kurfürsten für die, dem heiligen Mauritius und
der Magdalena geweihte, Kirche zu Halle an der Saale ausgeführt
hatte. Nachdem in Halle die Reformation eingeführt worden, wurde
dieses Werk in die, dem Petrus und Alexander geweihte Stiftskirche
zu Aschaffenburg, und später in die dortige Gallerie versetzt,
von wo es endlich im Jahr 1836 nach der Pinakothek in München
übergingß Das Mittelbild stellt die Bekehrung des heiligen Mau-
ritius durch den heiligen Erasmus, N0. 69, wo letzterer die Züge
des Kurfürsten trägt, die Flügel die Heiligen Lazarus, N0. 68,
Magdalena, N0. 63, Chrysostomus, N0. 75, und Valentinian dar.
Der letzte befindet sich indess noch in der Kirche zu As ch affe n-
burg. Die überlebcnsgrossen Figuren sind mit einer ausserordent-
liehen Meisterschaft gezeichnet und von ernst würdigen, trefflich
individualisirten Charakteren. Ein anderes Hauptwerk, welches der-
selbe Fürst ihm aufgetragen, befindet sich noch heut an dem ur-
sprünglichen Orte seiner Bestimmung, der llrlarienkirche zu Halle.
Von ihm rührt indess nur das Mittelbild, Maria in der Herrlichkeit,
von Engeln umgeben und von dem knieenden Stifter verehrt, und
die innere Seite der Flügel, die Heiligen Mauritius und Alexander,
1 Vergl.
11.
Merkel,
die
Ma nuscripte
der Hofbibliothek zu Aschaffenburg.
1836.