Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

Epoche von 1500 bis 1550. 
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Hündlein der Ruhe pllegen, im seltensten Grade gelungen, das Ge- 
fühl des Gemüthlichen, still Glücklichen auszudrücken, welches ein 
häuslicher Raum in seiner Abgeschlossenheit gewährt, ein Gefühl 
was so echt nordisch und besonders echt deutsch ist, wie ich später, 
gelegentlich eines anderen Künstlers, noch etwas näher besprechen 
werde. In Rücksicht der ganzen Auffassung mit den vielen Ein- 
zelheiten, Todtenkopf, Bücher und allerlei Hausgeräth, ist ein Ein- 
iluss niederländischer Kunst unverkennbar, welche zuerst den heiligen 
Hieronymus in dieser Weise dargestellt hatte, wie noch das in der 
Gallerie zu Neapel befindliche Bild des Hubert, und das sehr 
kleine des Jan van Eyck in der Sammlung des Thomas Baring in 
London beweisen, welches letztere Dürer wvahrscheinlich in Ve- 
nedig, wo es sich damals in der Sammlung des Antonio Pasqualino 
befand, gesehen haben mag. Höchst bewunderungswürdig ist nun 
aber die Wahrheit, wie Dürer die Lichtwirkung mit den feinsten 
Abstufungen der Lichtperspektiwe beobachtet, und alle die Einzel- 
heiten der Gesammthaltung untergeordnet hat. 
Für die Landschaft führe ich als besonders bedeutend, folgende 
Blätter an. Die grosse, gebirgigte und schlagend beleuchtete Land- 
schaft, mit einer Kanone und einigen Ungarn im Vorgrunde, N0. 99, 
vom Jahre 1518. Diese erinnert in der grossartigen Poesie der 
Auffassung an die Landschaften des Tizian. Die Landschaft auf 
dem, früher unter dem Namen der grossen Fortune bekannten, indess 
von Dürer die Nemesis genannten Blatt, N0. 77. Nach Sandrat 
soll diese, mit der grössten Liebe bis zu den kleinsten Einzelheiten 
bewunderungswürdig ausgeführte gebirgigtc Gegend, mit einer Ort- 
schaft, die Ansicht des Dorfes Eytas, des Geburtsorts von Dürers 
Vater, sein. Die grosse, nackte Fran mit Flügeln, in der Luft, 
wonach das Blatt jenen Namen hat, offenbar die treue Wiedergabe 
eines sehr hässlichen Modells, möge zugleich als ein Beispiel dienen, 
wie sehr es Dürer für solche Gegenstände an Schönheitssinn fehlte. 
Noch ungleich mehr beweisen dieses indess die sogenannte kleine 
Fortune, N0. 78, und die vier Weiber, N0. 75, welche in der That 
von erstaunlicher Hässlichkeit sind. Jedoch ist hierbei nicht zu 
übersehen, dass diese sämmtlich der früheren Zeit des Künstlers 
angehören. Die vier Weiber sind nämlich mit dem Jahr 1498 be- 
zeichnet, die kleine Fortuna dürfte nach der Behandlung aber Ilßßll 
früher sein, und die Nemesis spätestens vom Jahre 1505 herrühren. 
Als Beispiele, wie wenig von Dürer Vorgänge aus der antiken
	        
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