Epoche von
500 bis 1 550.
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worin der Christus in den Formen, in der Stellung, wie in dem
Kopf so hässlich ist, dass man kaum begreifen kann, dass er von
derselben Hand herrührt, welche das Titelblatt gemacht hat.
Ans der kleinen, aus 37 Blättern bestehenden Passion führe
ich nur die Anbetung der Hirten, N0. 20, wegen der Deutlichkeit
und Vereinfachung der Composition und des graziösen Motivs der
Maria, Christus am Oelberge wegen des einfachen Adels und der
Innigkeit des Gefühls, No. 26, endlich Christus, welcher der Mag-
dalena erscheint, No. 47 , wegen der Poesie der Composition und
der sonnigen Beleuchtung an.
Einen würdigen Schluss dieses Ideenkreises bildet der Holz-
schnitt der Dreieinigkeit, N0. 122. Das Motiv des todten, von Gott
Vater gehaltenen, Christus ist höchst würdig und grossartig, und
sehr schön schliessen sich zu beiden Seiten Engel mit den Passions-
werkzeugen an.
Eine ganz andere, und nicht minder bewunderungswerthe, Seite
des Dürefschen Genius zeigen uns seine Darstellungen aus dem
Kreise des Lebens der Maria, vor Allem in ihrem Verhältniss zu
dem Jesuskinde. Sie athmen eine eigenthümliche Anmuth, eine
kindliche Poesie und sind öfter durch die Art der Auffassung in
den Formen des Dürer umgebenden Lebens als eine Vorstufe der
Genremalerei zu betrachten. Ebenso nahm hier der Künstler dadurch,
dass er die Figuren im Verhältniss zur Grösse der Platte klein hielt,
vielfach Gelegenheit seiner Freude an ausführlicher Darstellung des
Landsehaftlichen, wie von Baulichkeiten genug zu thun und berei-
tete auch darin die Zeit vor, wo dergleichen den ausschliesslichen
Gegenstand von Bildern ausmachten.
Das Hauptwerk dieser Richtung ist eine Reihe von 20, das
Leben der Maria behandelnden Holzschnitten, N0. 76-95, von
welchen im Jahr 1511 schon eine zweite Ausgabe erschien. Unter
diesen zeichnen sich besonders aus: Die Umarmung Joachims und
der heiligen Anna, an der goldnen Pforte, N0. 79. Durch die In-
nigkeit des Gefühls in trefflicher Ausführung des Schnitts, gehört
dieses, mit 1509 bezeichnete, Blatt zu den schönsten Holzschnitten
Dürers. Die Geburt der Maria, N0. 80, das treue Abbild der
Wohnstube einer Nürnberger Bürgerfrau mit allen Einzelheiten und,
in dem Bestreben nach Wahrheit, in der Oomposition sehr zerstreut,
indeSS reich an anmuthigen, einzelnen Zügen. Die Heimsuchung,
No. 84. Hier ist ein Hauptgewicht auf die hochpoetischc, bergigte