Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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III. 
Buch. 
Kapitel. 
Wissenschaft, dem Zirkel, dem Buch, dem Kalkspathcristall, dem 
Schmelztiegel u. s. w., angedeutet. Auf das zweite beziehen sich 
die Glocke, die Sanduhr, und die manchen, hier müssig umherlie- 
genden Geräthe menschlicher Thätigkeit, als der Hobel, der Ham- 
mer, das Lineal u. s. w. Der landschaftliche Hintergrund, von 
grossartig-düsterer Art, bringt einen dem Gehalt des Ganzen wun- 
derbar entsprechenden Eindruck hervor. 
Ich komme zunächst auf die Darstellung aus dem Evangelium. 
Die Passion hat er  ein überraschendes Zeugniss von dem uner- 
schöpflichen Reichthum seiner Erfindungskraft  in dem Zeitraums 
von 1508-1511, drei Mal, einmal in Kupfer und zweimal in Holz- 
schnitten behandelt. In der ersteren, einer Folge von 16 Blättern, 
N0. 2-18 , zeichnen sich besonders zwei Darstellungen Christi, als 
ecce homo, von 1509, und am Oelberg, von 1508, aus. Vorzüglicher 
als die Kreuzigung in derselben ist, N0. 24, eine ebenfalls 1508 
ausgeführte. Die Wirkung des Verscheidens auf die Umstehenden 
ist hier in ergreifender Weise ausgedrückt. Die ohnmächtig zu- 
sammengesunkene Maria wird von einer heiligen Frau unterstützt. 
In dem, im Uebernxaass des Schmerzes laut schreienden, Johannes 
erkennt man den Einfluss eines berühmten Kupferstiches desselben 
Gegenstandes von Andrea Mantegna. Am bedeutendsten von den 
drei Folgen ist iudess die grosse Holzschnittpassion von 12 Blättern, 
N0. 4-15. Gleich das Titelblatt, der nackend, als Mann der 
tiefsten Schmach und der grössten Schmerzen, auf einem Steine 
sitzende Christus mit der Dornenkrone, welchem ein Kriegsknecht 
ein Rohr reicht, gehört durch die Tiefe und das Ergreifende des 
Gefühls, womit er den Blick auf den Beschauer richtet, durch das 
eben so sprechende als schöne Motiv, durch den Adel und die 
Fülle der Formen, zu dem Schönsten, was Dürer hervorgebracht 
hat. Dieses Blatt athmet ganz dasselbe Gefühl und steht auf der- 
selben Höhe der Kunst, wie das berühmte Recitativ in Händels 
Messias „die Schmach bricht ihm sein Herz," Nächstdem erregt 
die Kreuztragung, No. 10, durch die eben so reiche, als deutliche 
Composition einer bewegten Handlung, und durch die Grossartig- 
keit des unter der Last des Kreuzes zusammengesunkenen Christus 
die grösste Bewunderung. Nicht minder trefflich als Composition 
einer mehr ruhigen Handlung erscheint die Trauer über den Leich- 
nam Christi, N0. 13. Um aber ein Beispiel der grossen Ungleich- 
heit Dürers zu geben, wwähne ich hier noch die Geisselung, N0. S,
	        
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