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III.
Buch.
Kapitel.
hauerarbeiten im Kleinen, in Stein, Holz und Silber, zur Ausfüh-
rung von Münzstempeln, ist in seiner frühen Ausbildung zum Gold-
schmied zu suchen, welches Kunst-Handwerk im Mittelalter alle
diese Stücke in sich begriH. Wir haben es hier nur mit den beiden
ersten Fächern zu thun. Da vermittelst der Dürefschen Kupfer-
stiche und Holzschnitte, bei deren Verbreitung in allen grösseren
ödentlichen und in so vielen Privatsammlungen in ganz Europa,
die Kenntniss der verschiedenen Seiten seiner Kunst am leichtesten
durch eigne Anschauung zu erwerben ist, so verweile ich hierbei
etwas länger, als bei den Handzeichnungen.
Unbedingt steht Dürer als Kupferstecher noch grösser, denn
als Maler da. Er hat die Arbeit mit dem Grabstichel zu einer
Vollkommenheit ausgebildet, dass er als einer der grössten Kupfer-
stecher aller Zeiten anzusehen ist. Natürlich sind dieselben indess
unter sich nach der Zeit ihrer Ausführung und nach anderen Rück-
sichten, von sehr verschiedenem Werth. Ausserdem aber hat er
auch mit ausserordentlichem Erfolg in Eisen geätzt. Auch die
Holzschnitte sind selbstverständlich nachMaassgabe der eignen Theil-
nahme, wie nach der Geschicklichkeit der Formschneider von höchst
ungleicher Güte. Eine nähere Würdigung des technischen Theils aller
Druckwerke Dürers, eine Rechenschaft über die verschiedenen Ab-
drückdund Ausgaben, liegt indess ausserhalb der Grenzen dieses
Handbuchs. Um indess eine Vorstellung von dem Umfang der Thätig-
keit Dürers auf beiden Gebieten zu geben, bemerke ich, dass Bartsch
an Kupferstiehen und Radirnngcn 105, an Holzschnitten 170 anführt.
Letztere enthalten indess öfter mehrere Stücke, einer, der Triumph-
bogen Kaiser Maximilianls I., sogar 92.
Zuerst fasse ich hier die Richtung auf das Phantastische in's
Auge, wodurch Dürer am engsten mit dem Mittelalter zusammen-
hängt. Sein frühstes und umfassendstes Werk auf diesem Gebiet
sind die schon im Jahr 1498 erschienenen 15 Holzschnitte zur Apo-
kalypse. Bartsch 60-73. Nur wer eine ansehnliche Zahl der
meist so unzulänglichen, und ungeheurlichen Darstellungen aus die-
sem, der Sinnesweise des Mittelalters so ungemein zusagenden Buche,
in den Miniaturen der Manuscripte aus früherer Zeit kennt, kann
den hohen Werth dieser Holzschnitte vollständig würdigen. Mit
bewunderungswürdiger Bildungskraft stellt uns hier der nur 27jäh-
rige Dürer ganz am Ende des Mittelalters noch einmal den über-
schwenglichen, maass- und schrankenlosen Inhalt in scharfumrissenen