Epoche von 1500 bis 1550.
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phael, auch abgesehen davon, dass er Dürer an Gefühl für Schön-
heit und Grazie weit überlegen war, Werke hervorbringen musste,
welche eine noch höhere, und namentlich eine noch allgemeinere,
Befriedigung gewähren, als die Diirers?
Von den Bildern Dürers, welche die Maria mit dem Kinde
darstellen, ist ohne Zweifel das, mit 1512 bezeichnete, in der
Wiener Gallerie, das in allen Theilen am meisten durchgeführte.
Der mütterliche Ausdruck der, übrigens keineswegs schönen, Maria
ist ebenso ansprechend, als der fröhliche des nackten, in manchen
Formen zu stark ausgeladenen, doch, in einem sehr klaren Fleischton
mit graulichen Schatten und Beobachtung von Reflexen, sehr sorg-
fältig in einem verschmolzenen Vortrag modellirten Kindes. Aehn-
liches gilt von dem Kopfe der Maria mit röthlichen NVangen, deren
goldiges Haar mit wunderbareren Meisterschaft gemalt ist.
In den nächsten Jahren scheint Dürer offenbar vorzugsweise
als Stecher und Zeichner thätig gewesen zu sein, denn es ist nicht
anzimehmen, dass die von ihm in dieser Zeit gemalten Bilder
sämmtlich verloren gegangen sein sollten.
Aus dem Jahr 1516 haben wir sehr verschiedenartige Bilder
von ihm. Das breit und höchst sicher mit dem Pinsel gezeichnete
und sehraffirte, Bildniss von Michael Wohlgemuth, N0. 139, Cabinette
der Pinakothek (Fig. 36), von schwerem, in den Lichtern gelb-, in
den Schatten dunkelbraunem Ton, worin die knochigen und schlaffen,
häntigen Theile des neunundsiebzigjährigen Mannes trefflich wieder-
gegeben sind, und die überlebensgrossen, auf Leinwand in Leim-
farben ausgeführten Köpfe der Apostel Philipp und Jacobus in der
Gallerie der Uffizien zu Florenz. Hier ist die Auffassung gross-
artig, die Ausführung, zumal der langen Bärte, von ungemeinem
B'1eiss nnl seltenster Meisterschaft. Zu dem Jacobus hat er sich
desselben Modells bedient, wie um zehn Jahre später zu seinem
berühmten Paulus.
Ungefähr aus dieser Zeit dürften nach Auffassung der Formen
und der Behandlung auch die Bildnisse Carls des Grossen und des
Kaisers Siegmund, im Landauer Brüderhause zu Nürnberg, N0. 43
und 444, herrühren. Der erste ist von sehr grossartiger Auffassung,
die Behandlung , wie bei dem Bildniss des Wohlgemuth, in Lasur-
farben und zeichnend. 1
Kunstwerke und Künstler in Deutschland Th.
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