Epoche von 1500. bis 1550.
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Gesichts liegen der Lucretia, welche nur in Folge ihrer Schönheit
zum Entschluss des Selbstmordes kam, eben so fern, wie die un-
graziöse Weise, womit sie im Begriff ist sich den Dolch in den
Magen zu bohren. In dem einseitigen Bestreben, alle Theile mög-
lichst abzurunden, ist er Sogar in einen unwahren und schweren,
in den Schatten grauen, in den Lichtern weisslichen Ton des Flei-
sches gerathen, welcher eher den Eindruck von Metall macht,
Dafür hat er aber seine Absicht, mit Beobachtung der Halbtöne
und Reflexe, in einem trelflichen Impasto mit grosser Meisterschaft
erreicht. 1
Von der für Jacob Heller in Frankfurt gemalten und im Jahr
1509 beendigten Himmelfahrt, nach Dürers eignen2 und anderer
Zeitgenossen Urtheil eins seiner Hauptwerke, kann man sich nach
einer, vormals im StädePschen Institut aufgestellten, älteren Kopie
nm' noch eine sehr ungenügende Vorstellung machen, indem das,
an den Kiufürsten Maximilian I. von Baiern verkaufte, Original
später in München bei einem Schlossbrande zu Grunde gegangen
ist. In der Composition sind besonders die Apostel und Engel sehr
gelungen. Der Christus, mit der päbstlichen Krone, in der Luft,
hat etwas zu Isolirtes. Auch auf diesem Bilde befand sich Dürer
mit einem Täfelchen, worauf die Inschrift: Albert Durer faciebat
post virginis partum 1509.
Das noch von Dürer vorhandene Hauptwerk ist ohne Zweifel
sein, im Jahr 1511, im Auftrag des reichen Rothgiessers Landauer,
für die Kapelle des von diesem 1501 gestifteten zwölf Brüderhauses
zu Allerheiligen gemalte Bild, welches nachmals von dem Ma-
gistrat in Nürnberg dem Kaiser Rudolph II. geschenkt, sich jetzt,
als eine der grössten Zierden in der Gallerie zu Wien befindet.
In Bezug auf seine ursprüngliche Bestimmung stellt es mithin eine
grosse Zahl von Heiligen der, welche die heilige Dreieinigkeit ver-
ehren. Hier hat Dürer gezeigt, wie völlig er die Stylgesetze, für
eine würdige, deutliche und schöne Anordnung einer sehr zahlreichen
Composition inne hatte. Oben, in der Mitte, erblickt man Gott
1 Welch grosses Gewicht Dürer selbst auf dieses Bild gelegt, beweist ein
ebenfalls mit 1508 bezeichnetes Studium hiezu in der Sammlung des Erzhenzßgä
Albrecht in Wien, welches höchst meisterlich auf grünem Papier mit dem Plflsßl
mit Schwarz in den Schatten und Weiss in den Lichtern ausgeführt ist. 9 Slßbe
die ausführlichen, und für so manche Aeusserungen höchst wichtigen, 1161111 31'195?
Dürers an jenen Heller. Reliquien S. 35-51.
Waagen, Handb. d. Malerei. I. 14