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III.
Buch.
Kapitel.
vortheilhafter Weise für einen ähnlichen Einfluss. Die Farbe ver-
band nach Art der venezianischen Maler ein tüchtiges Impasto mit
einer ungemeinen Klarheit, die Pinselführung war eben so geistreich,
aber freier wie sonst. Auch ist es sicher, dass Dürer bei diesem
Bilde seine ganze Kraft zusammennahm, um die von den Malern
in Venedig verbreitete Behauptung, dass er zwar gut im Stechen
sei, aber mit Farben nicht umzugehen wisse, zu widerlegen. was
ihm auch nach einer Aeusserung in einem Briefe an seinen Freund
Pirkheimer 1 vollständig gelungen ist.
In demselben Jahre, und gewiss ebenfalls in Venedig malte
Dürer nach der Aufschrift in fünf Tagen auch eins seiner am we-
nigsten gelungenen Bilder. Es ist dieses der zwölfjährige Christus
unter den Schriftgelehrten, in halben Figuren im Palast Barberini
zu Rom. Der Christus ist unbedeutend, die übrigen widrige Cari-
katuren, das Fleisch von schmutzigen: Ton, die anderen Farben bunt.
Die nächsten fünf Jahre war Dürer als Maler besonders thätig.
In dieser Zeit führte er als solcher seine reichsten und bedeutend-
sten Compositionen aus. Auch zeigen diese Bilder mehr oder minder
in der Klarheit der Farbe, der Modellirung, dem besseren Impasto
und der grösseren Verschmelzung den schon erwähnten, wohlthätigen
Einfluss der venezianischen Schule auf ihn. .
Gleich im folgenden Jahr führte er auf zwei Tafeln die fast
lebensgrossen Figuren von Adam und Eva aus. Die Stadt Nürn-
berg schenkte sie später dem Kaiser Rudolph IL? Nachmals sind
sie, wohl ohne Zweifel wieder als Geschenk, in die Königl. Samm-
lung zu Ma dridgelangt. Die Composition hat viel Aehnliehkeit mit
dem berühmten, von Dürer schon im Jahr 1504 ausgeführten Ku-
pferstich. Unsere Ureltern sind darin im Augenblick des Sünden-
falls dargestellt. Auf der Tafel der Eva befindet sich die Inschrift:
Albertus Dürer Allemanus faeiebat post Virginis partum 1507, und
das Monogramm. Der Kopf der Eva. ist für Dürer sehr fein gebil-
verstcigert wurde, verblieb. Damals von dem Pracmonstratenser Kloster vom
Strahof in Prag erworben, Gel durch Vernachlässigung eines Edelmanns, welcher
es von jenem Kloster leihweise erhalten, der ßrösste Theil der Farbe ab, und
wurde durch eine schlechte Uebcrsudclung erganzt. Seit dem Jahr 1837 ist aber
noch eine neue Restauration uber das Bild ergangen. Im Museum zu Lyon be-
findet sich eine vorrnalsnn der Kaiserl. Gallone zu Wien vorhandene, etwa um
1600 gemachte Kopie mit sehr starken Verandcrnngen. Vergl. meinen Aufsatz im
Deutschen Kunstblatt vom Jahr 1854, S. 200 f.
1 Vergl. Reliquien S. 27. 2 So berichtet Campc (Reliquien S. 57). Dass sie
aber die Bilder sind, welche Dürer, nach einem ebenda abgedruckten Briefe. dem
Magistrat der Stadt Nürnberg geschenkt, wie er will, ist nicht wahrscheinlich.
S. Heller B. II. S. 205 f.