Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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III. 
Buch. 
Kapitel. 
nur durch den Tod an Ausarbeitung von Schriften über so spccielle 
Gegenstände wie die Landschaftsmalerei und die Pferde verhindert. 
Gleich dem Lionardo beschäftigte er sich auch mit dem Festungsbau 
und gab darüber eine besondere Schrift heraus. 1 Hatte er so die- 
grössten Anstrengungen gemacht sich, zu seinem und anderer Nutz 
und Frommen, von so wesentlichen Theilen der Kunst wissenschaftlich 
Rechenschaft zu geben, so steht er in der Vielseitigkeit und Mei- 
sterschaft der technischen Ausbildung unbedingt als der erste unter 
allen bekannten Künstlern da. Er war vor allen Dingen ein gros- 
Ser Zeichner und gebrauchte jedes llIaterial mit der wunderbar- 
sten Sicherheit und Leichtigkeit der Hand, von der breitesten und 
flüchtigen Behandlung mit der Kohle, oder der Kreide, bis zur 
zartesten Ausführung mit der Pinselspitze, oder mit der Feder. Er 
malte in Fresco, in Oel, in Guasch, in Aquarell, er stach mit sel- 
tenster Meisterschaft in Kupfer, er ätzte in Kupfer, wie in Zinn 
und in Eisen, er schnitt in Holz, 2 er führte höchst vorzüglich kleine 
Sculpturen in Solenhofer Kalkschiefer, wie in Holz aus. Diesen 
drei Hanpteigenschaften der Erfindung, dem Besitz des wissenschaft- 
lichen Theils und der vielseitigsten Technik, schliessen sich indess 
noch andre von grosser Bedeutung an. Die geistige Auffassung ist 
nach Maassgabe des Gegenstandes erhaben, tiefsinnig, phantastisch, 
gemüthlich, kindlich-poetisch, lieblich, oder auch humoristiseh, je- 
derzeit aber sehr lebendig. Auch in dem räumlichen Stylgefühl, 
d. h. der Art und Weise, wie bei grösseren Oompositionen die 
Massen vertheilt sind und sich die einzelnen Figuren entsprechen, 
bei kleineren, oder einzelnen Figuren, den Raum in einer dem 
Auge wohlthuenden Weise ausfüllen, wie in der Deutlichkeit und 
Entschiedenheit der Motive, steht er auf einer grossen Höhe. Sein 
Verhältniss zur Auffassung der Naturformen befindet sich hiemit in 
an (ohn) allen grundt und alleyn miss einem täglichen brauch gelert hat, sind- 
dieselben also im unverstand wie eyn wylder unbeschnicener bawm uuff erwachsen, 
Wie wol etlich auss jenen durch stetig übung eyn freye Hund erlangt, also das 
ein jre werk gewaltigklich aber unbedechtlich. und alleyn nach jrem wohlgefalln 
gemacht haben, So aber die verstendigen maler vnd rechte künstner, solehs un- 
besunen Werk gesehen, haben sie, und nit unbillich, diser leut hlindtheyt gelacht, 
dieweyl einem rechten verstand nichts vnangenemer zu sehen ist, dann falscheyt 
im gemel, unangesehen ob auch das mit allem Fleiss gemalt vrirdet. 
l Etliche Underricht zu Befestigung der Statt, Schloss und Flecken 1527.  
9 Obgleich ich zu denen gehöre, welche der Ueberzeugung sind, dass die grossen 
Maler, mithin auch Dürer, sich in der Regel begnügt haben, die Zeichnungen 
auf den Holzstücken zu machen, die übrige Arbeit aber den Formschneidern über- 
liessen, so kann ich doch nicht bezweifeln, dass er selbst diese Arbeit nicht 
allein aus dem Grunde verstand, sondern solche auvh ausnahmsweise selber- 
ausiibte.
	        
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