Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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III. 
Buch 
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einer geringeren Stufe, als in Italien, welches darin schon seit 
dem 14. Jahrhundert allen anderen Nationen vorausgeeilt war. In 
Folge dessen War die Liebe zu Werken der Kunst dort nicht nur 
viel allgemeiner verbreitet, sie machte auch höhere Anforderungen 
an ihre Leistungen. Die persönliche Stellung der Künstler war 
demzufolge in Italien nicht allein ungleich ehrenvoller, sondern durch 
ihren grösseren Gewinn ungleich unabhängiger. Dagegen konnte 
das Genie der ersten deutschen Maler, eines Dürer, eines Holbcin, 
bei der Aermlichkeit und Kleinlichkeit ihrer persönlichen Verhält- 
nisse, nie zur gehörigen Entfaltung kommen, sondern musste mehr 
oder minder verkümmern. Von allen deutschen Fürsten ist es nur 
von dem Kurfürst Friedrich dem WVeisen bekannt, dass er Dürern 
Aufträge zu Bildern gegeben. 1 .Für den Kaiser ltIaximilian I. hat 
er ausser dessen Bildniss, wahrscheinlich nur Zeichnungen zu Holz- 
Sehnitten ausgeführt, wofür er von demselben mehrere Jahre eine 
Pension von 100 Gulden rhein. genossen hat, welche ihm für die 
Zeichnung zu den Holzsehnitten der Triumphpforte dieses Kaisers 
auf seine Bitte noch einmal von Kaiser Karl V. im Jahre 1527 
ausgezahlt worden ist. In seiner Vaterstadt Nürnberg hat er, wie 
er in einem Schreiben an den Magistrat daselbst ausdrücklich sagt, 
innerhalb dreissig Jahr nicht für 500 Gulden Arbeit erhalten. 2 Dabei 
wurden ihm seine Bilder so gering bezahlt, dass er sich, wie er 
selbst bezeugt, 3 um seinen Lebensunterhalt zu gewinnen, vorzugs- 
weise auf das Kupferstechen legen musste. Wie viel mehr ein sol- 
cher Künstler, wie Dürer, damals nicht allein in Italien, sondern 
auch in den Niederlanden geschätzt wurde, als in Deutschland, geht 
aus der in dem obigen Schreiben Dürers enthaltenen Nachricht 
hervor, dass man ihm in Venedig 200 Ducaten, in Antwerpen drei- 
hundert Philippsgulden, als jährliche Besoldung anbot, wenn er in 
einer jener Städte seinen Wohnsitz nehmen wollte. Noch ungleich 
schlimmer erging es dem grossen Holbein. Es ist keine Kunde 
vorhanden, dass sich jemals ein deutscher Fürst um ihn bekümmert 
hat, und in der Stadt Basel, wo er sich wahrscheinlich seit dem 
Jahr 1516 niedergelassen, war seine Kunst so wenig geachtet, dass 
die Noth ihn zwang nach England zu gehenf wo er sein, den 
1 S. Reliquien von Albrecht Dürer von Campe. Nürnberg 132g S, 59_  2 g_ 
ebenda. S. 34 und 37.  3 S. ebenda S. 49.  4 „Hic frigent artes. Petit Angliam 
ut cormdat aliquot Angelatos" sagt Erasmus von Rotterdam in einem Briefe, den 
er Holbeiu von Basel aus an seinen Freund Petrus Aegydius in Antwerpen im Jahr 
1526 mitgab.
	        
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