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III.
Buch.
Kapitel.
der Lorenzkirche, welche diesem nahe verwandt sind. Endlich ein
mit 1476 bezeichnetes Epitaphium in derselben Kirche, mit einer
Anbetung der Könige von lieblichen Köpfen, völligen Formen und
weichen Falten der Gewänder.
Auch in Erfurt befinden sich in einer Kapelle der Kirche
der Ursulinerinnen vier Bilder eines Meisters von grosser Tüchtigkeit,
die Kreuzigung und je drei Heilige, Petrus, Paulus, Margaretha,
Hieronymus und zwei mir unbekannte Heilige, endlich. Johannes,
Andreas und Barbara. Die Gestalten sind edel, die Köpfe würdig
in Charakter und Ausdruck, die Gewänder von reinem Geschmack,
die Ausführung in Oel fleissig, der Grund noch golden.
Ebenso verdient der Meister eines grossen Bildes in der Gam-
bertuskirche zu Ansp ach, sowohl wegen seines Werthes, als des,
öfter im 15. Jahrhundert vorkommenden Gegenstandes, Christus,
welcher die von Gott Vater gedrehte Kelter tritt, aus der Hcstien
fallen, so der Palast in Kelchen anffängt, erwähnt zu werden. Auch
hier findet sich noch der Goldgrund.
Einige baierische Maler, Gabriel Mächselkircher, welcher um
1480 in München arbeitete, Ulrich Füterer, der in derselben Zeit
zu Landshut lebte, und der, gegen Ende des 15. Jahrhunderts
thätige Hans von Olmdorf bleiben, nach den in der Gallerie zu
Schleisheim vorhandenen Bildern, gegen die besseren Leistungen
dieser Zeit sehr zurück und haben etwas ungemein Rohes.
Sechstes
Kapitel.
Die
deutschen Schulen in der vollständigen Entwickelung
Eigenthünxlichkeit. Von 1500-1550.
ihYtf
In dieser Epoche wurde in Deutschland der Realismus durch
die freiere, theilweise, z. B. für die Proportionen und die Perspec-
tive, wissenschaftlich begründete, Beherrschung der darstellenden
Mittel zur vollständigen Naturwahrheit ausgebildet, und zum Aus-
druck einer sehr grossen Zahl geisbreicher Erfindun-
gen verwendet, welche sich nicht allein auf kirchliche Gegen-
stände beschränkten, sondern auch geschichtliche Begebenheiten,
Allegorien und Vorgänge aus dem gewöhnlichen Leben in ihren