178
III.
Buch.
Kapitel
Ein echtes, wiewohl nicht bedeutendes, Werk ist der junge
David mit dem Haupte des Goliath, welcher, von Kriegern begleitet,
von den Jungfrauen mit Musik gefeiert wird, in der Pinakothek zu
München, Cabinette N0. 145.
England besitzt von diesem seltnen Meister in einer Maria,
welche mit dem Kinde in einer Landschaft sitzt, in der Sammlung
des Prinzen Gemahl in Kensington unter N0. 30 ein kleines,
aber ganz sicheres Bild.' Auch ein anderes Bild, Pilatus, welcher
die Juden fragt, ob er ihnen Christus, oder den Barrabas losgehen
soll, im Besitz des Herrn Green, zu Hadley, unfern Barnet, stimmt
so sehr in allen Theilen mit seinen Stichen überein, dass ich, un-
geachtet der für ihn sehr schwachen Farbe, noch immer geneigt
bin es für ein Werk desselben zu halten. 2
Obwohl der EinHuss dieses grossen Meisters auf die Maler ohne
Zweifel ein sehr beträchtlicher gewesen, lässt er sich doch, da ver-
hältnissmässig, besonders im Elsass, wo die französische Revolution
gewüthet, so wenige Bilder aus dieser Zeit noch vorhanden sind,
nicht so vollständig nachweisen, als sein Einfluss auf die Kupfer-
stecher, deren sehr viele, theils in seiner Weise arbeiteten, theils
ihm nachahmten.
Auf den Charakter der Malerei in Schwaben wirkte sehr ent-
schieden Friedrich Herlen ein. Die gleichzeitige Nachricht vom
Jahr 1467, dass er, "weil er mit der niederländischen Arbeit um-
gehen kann, unentgeltlich zum Pfalbürger in Nördlingen aufgenom-
men wordenß und die auffallende Nachahmung bekannter Werke
Rogier van der Weyden des älteren in seinen Bildern, lassen keinen
Zweifel übrig, dass er seine Kunst bei jenem Meister gelernt hat.
In dieser Vermittlung der Kunstweise der van Eyckschen Schule
für Oberdeutschland liegt aber auch seine grösste Bedeutung, denn
er verräth weder eine bedeutende Eigenthümlichkeit, noch erreicht
er in der gefühlten und gewissenhaften Ausbildung irgendwie sein
Vorbild. Ich begnüge mich daher auch von ihm einige Hauptwerke
anzuführen. Solche sind: die jetzt abgesondert aufgestellten Flügel
eines Altars in der Hauptkirche zu Nördlingen, welche die Ver-
kündigung, die Heimsuchung, die Anbetung der Hirten und der
Könige, die Darstellung im Tempel, die Beschneidung, die Flucht
nach Aegypten und Christus, zwölfjährig im Tempel lehrend, vom
1 Näheres s. Treasures Th.IV. S. 225. 2 Näheres s. Treasures Tb. II. S. 459.
3 Vergl. meine Kunstwerke und Künstler in Deutschland Th. I. S. 325.