Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

Epoche von 1460 bis 1500. 
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Familie abstammtel und entweder in Augsburg-oder in Ulm ge- 
boren worden ist. 2 Ebenso steht fest, dass er für die Malerei die 
Schule Rogier van der Weyden des älteren in Brüssel besucht hat, 3 
sieh in Colmar niedergelassen 4 und auch dort, in wohlhäbiger- Lage, 
wie wir denn wissen, dass er mehrere Häuser besessen, ohne Zweifel 
zwischen den Jahren 1490 und 1492 5 gestorben ist.  
 
1 Solches erhellt sowohl aus einem auf seinem zu München und Siena vorhan- 
denem Bildnisse helindlichen Wappen, als aus der folgenden, auf einem auf der 
Rückseite des Münchner Exemplars geklebten Zettel, dessen, hier eingeklammerte, 
Lücken schon Bartsch, der ein Facsimile von demselben giebt, ergänzt hat. 
Mayster Martin Schongawer Maler genannt I-Iipsch ltlartin von wegen seiner 
Kunst, gehorn zu Kolmar Aber von seinen ölltern ein augspluger buugcr) des 
geschlechtz von Her(rcn) geporn n ist (gesto)rben zu Kolmmr) anno 1499     aut 
2mm)   Hornung(s). Dem got genarl. (Und war) ich (se(i)n junger Hans 
  rgkmair im jar 1483. 
Die ersten beiden undeutlichen Buchstaben des letzten Eigennamens sind nun 
von Bartsch so gelesen worden, dass er einen sonst ganz unbekannten lllaler 
Largkmaier daraus erhält, während der Herr Dr. Ernst Förster den bekannten 
Maler Hans Burgmair darin erkennen will. Die Gründe, wesshalb ich dieser 
letzten Ansicht nicht beistinimen kann, habe ich im Deutschen Kunstblatt vom 
Jahr 1854, S. 186 näher angegeben.  9 Passavant macht für Erstres a. a. O. 
geltend, dass der Bruder des Martin, Ludwig Schongauer, welcher ebenfalls Maler 
war, in Augsburg geboren worden ist.  3 Hiefür haben wir das Zcugniss des 
bekannten Malers von Lüttich, Lambert Lombard, in einem Briefe an Vasari vom 
Jahr 1564, den Gaye in seinem Carteggio, III. S. 177, hat abdrucken lassen. 
Dasselbe lautet: „In Germania si levö poi un Bel Martina tagliatore in rame, il 
quale non abandonö la maniera di Rogiero, suo maestro, ma non arrivb perö 
alla bonta del suo colorire, che haveva Rogiero, per esser piu usato all' intaglio 
delle sue stampe, che parevano miraculose in quel tempo, et hogi (oggi) sono 
ancora in bona reputatione tra in nostri xnansueti artetici, perche auchora che le 
cose sue siano seche, pero hanno qualche bon garbo." Hieraus erhellt, dass 
schon damals unser Meister vorzugsweise als Kupferstecher bekannt und geschätzt 
war.  4 Dass dieses erst nach dem Jahr 1462 geschehen, wie Passavant a. a. O. 
aus dem Umstande schliessen will, dass in diesem Jahr der Maler Caspar Isen- 
mann den Auftrag erhalten, für 500 Gulden rhein. die Bilder für den Hochaltar 
der Martinskirche zu malen, der doch nach den hievon noch erhaltenen Theilen 
derselben ein so geringer Maler gewesen, dass dieses schwerlich geschehen wäre, 
wenn damals dort schon ein so ausgezeichneter Maler, wie M. Schongauer ge- 
wesen, ist mir nicht wahrscheinlich, da zu allen Zeiten und in allen Ländern 
sehr viele Fälle bekannt sind, dass, aus, der Kunst fremden, Rücksichten, wichtige 
Aufträge, mit Uebcrgehung trelTlicher Künstler, unfähigen zugetheilt worden sind.  
ß Dieses geht für mich aus dem Vergleich der folgenden zwei Zeugnisse her- 
hor. Der Archivar Hugot zu Colmar hat, im Verzeichniss der Grundrenten der 
Collegiatkirche des heiligen Martin daselbst, die Notiz gefunden, dass Muntpur, 
ein öfter als Freund der Familie Schongauer vorkommender Mann, und Martin 
Schongauer im Jahr 1490 zu gleichen Theilen für ein Haus in der Schedelgasse 
32 Schillinge bezahlt haben (s. Passavant im angef. W. S. 105). Hieraus erhellt, 
dass er noch um diese Zeit gelebt haben muss. Sodann bezeugt Christoph Scheurl, 
ein durchaus glaubwürdiger Schriftsteller und persönlicher Freund von 
A, Dürer in seiner schon 1516 gedruckten Schrift „de vita. et obitu Ant. Kressi," 
wie Dürer ihm sowohl schriftlich, als auch öfter mündlich mitgetheilt habe, dass, 
als er im Jahr 1492 Colmar besucht, er dort zwar von den Brüdern des Martin 
Sclwllgßuer, den Goldschmieden Caspar und Paul, und dem Maler Ludwig, freund- 
lich aufgenommen, ihn selbst aber, als schon früher verstorben, nicht gesehen 
habe. Die ganze Stelle ist in der Originalsprache schon im Leben des Schongauer 
bei Bartsch, so wie a. a. O. bei Passavant, abgedruckt. Letzterem Zeugnisse 
gegenüber hat die hiemit im Widerspruch stehende Angabe auf einem Zettel, von 
welchem weder die Zeit noch der Urheber mit Sicherheit zu bestimmen sind, dass 
Martin Schongauer erst 1499 gestorben sein soll, kein Gewicht. Ebensowenig kann
	        
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