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III.
Buch.
Kapitel
sinniges und ausdrucksvolles Werk. Im Chor des nördlichen Seiten-
schiffs, ein grosses Altarbild vom Jahr 1506, mit dem heiligen Nikolaus
und Ereignissen aus seiner Legende, auf den Flügeln andere Heilige;
die Köpfe von mildem, liebenswürdigem Ausdruck. 1
Eine grosse Anzahl von Nachahmern des Meisters der Lyvers-
bergschen Passion ist so viel geringer und handwerksmässiger, dass
es als überflüssig erscheint von den zahlreichen, im Stadtmuseum
zu Köln und anderweitig von ihnen vorhandenen Bildern einzelne
hervorzuheben. Sie zeigen ein entschiedenes Sinken der Schule bis
zu Ausgang des 15. Jahrhunderts.
In dem benachbarten Westphalen bildete sich eine Kunstweise
aus, welche in manchen Stücken noch die Richtung der vorigen,
mehr idealistischen, mit der neuen, realistischen, zu vereinigen
wusste. Die ausgezeichnetsten Bilder dieser Art sind die Ueberreste
eines grossen Altars in dem vormaligen Kloster Liesborn bei Mün-
ster vom Jahr 1465, welche längere Zeit im Besitz des Regierungs-
raths Krüger in Minden, vor einigen Jahren an die Nationalgallerie
in London verkauft worden sind. Sie bestehen wesentlich in den
halben Figuren von sechs Heiligen, und der Verkündigung und
Darstellung im Tempel. Die Köpfe sprechen durch die grosse Rein-
heit und Milde des religiösen Gefühls, durch den Frieden, der in
ihnen wohnt, ungemein an; hiemit stimmt auch die helle und klare
Färbung wunderbar überein. In der naturgemässen Ausbildung
stehen sie indess im Vergleich zu den gleichzeitigen Niederländern,
auf einer ziemlich niedrigen Stufe.
In den Bildern eines Meisters von Soest, der sich auf einer
Beweinung des Leichnams Christi in der Sammlung des Grafen
Pembroke zu Wiltonhouse in England, Jarenus bezeichnet hat,
ist die Verschmelzung der Eigenschaften beider Schulen minder
glücklich. Besonders ist das Mittelbild eines grossen Altars von
diesem Meister im Musem zu Berlin (N0. 1222), welches mehrere
Vorgänge aus der Leidensgesohiehte enthält, sehr überladen und
verworren. Am gelungensten sind, in Composition, Färbung und
Ausführung, die vier Bilder des einen Flügels dieses Altars (N0. 1233),
die Verkündigung, die Geburt, die Anbetung der Könige und die
Darstellung im Tempel.
1 Die Notizen über diesem am Rhein befindlichen, Bilder, welche ich, mit
Ausnahme der in Coblenz, nicht selbst gesehen, habe ich ebenfalls einem so
sicheren Gewährsmanu, wie J. Burckhardt, entlehnt.