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III.
Buch.
Kapitel.
findungen, so wie viel mehr Sinn für eine wohlabgewogene Ver-
theilung der Figuren in dem jedesmal gegebenen Raume, oder für
eine stylgemässe Composition. So sind sie auch den Niederländern
in der Zeichnung überlegen. In den Köpfen heiliger Personen
halten sie öfter noch aus der vorigen Epoche eine höhere und
ideellere Schönheit fest. Dafür verfallen sie aber auch bei Personen,
WO es die Darstellung geistiger Verworfenheit gilt, in ungleich rohere
und widrigere Karikaturen, als die Niederländer, und in grössere
Magerkeit der Glieder, besonders der Hände. In den Gewändern
iindet die zuerst in den Bildern des Jan van Eyck vorkommende
Weise der scharfen und eckigen Brüche viele Nachfolge und eine
weitere Ausbildung. Entschieden aber stehen sie jenen in folgenden
_Stücken nach. 1) In dem Gefühl fiir Anmuth der Bewegung. Die
'Motive haben bei ihnen etwas Eckigeres und Ungeschickteres.
2) Im Farbensinn. Die Farben sind bei ihnen bald bunter, bald
trüber und schwerer. 3) Im Sinn für Helldunkel und Ausbildung
der Räumlichkeit. Ein Bild in der Wirkung des Lichts als Ganzes
zu behandeln, wie dieses schon bei Jan van Eyck vorkommt, stellen
sie sich erst sehr spät als Aufgabe. Lange wird noch der Gold-
grund beibehalten, oder ist mindestens die Angabe der Räumlich-
keit sehr einfach und allgemein. 4) In der Behandlung mit dem
Pinsel. Die Umrisse bleiben härter, die Ausführung geht lange
nicht so weit in der Wiedergabe des Einzelnen. Ueberhaupt wird
die Malerei häufig insofern mehr handwerksmässig betrieben, als
selbst grossc Meister, nach Maassgabe der Bestellung, dieselbe ganz
allein ausführen, oder sich dabei wenig, oder auch gar nicht be-
theiligen, sondern dieselben bald mehr bald minder begabten
Gehülfen überlassen. Daher erklärt sich die erstaunliche Ungleich-
heit der öfter mit dem Namen bezeichneten, oder sonst urkundlich
beglaubigten Bilder eines Meisters. Innerhalb dieser allgemeinen
Bestimmungen ist indess das Verhältniss der verschiedenen deutschen
Schulen zu der niederländischen wieder ein verschiedenes.
Die Schule
dem Niederrhein.
von Köln und
Die Meister dieser Schule stehen in der Kraft der Färbung und
der Gediegenheit des Maehwerks der Schule der van Eyck oft sehr
nahe, haben aber an sich wenig Eigenthümliches.