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III.
Buch.
Kapitel.
von einer Heiligen dargereichten, Hackcbrett. Eine andere Heilige
piiückt Kirschen, eine dritte schöpft Wasser. Aehnlich sind auch
einige männliche Heilige aufgefasst. So hockt neben dem ruhenden
Erzengel Michael ein Affe, und der kleine, getödtete Drache neben
Georg stört nicht die heitere Stimmung, welche auch durch Blumen
und Vöglein in dem von der Mauer umschlossenen Garten, durch
die fröhlich-bunte Farbengebung hervorgebracht wird. Die Aus-
führung ist dabei von miniaturartiger Sorgfalt.
Dass auch die gleichzeitigen Miniaturmaler sich die Kunstweise
des Meisters Stephan in sehr vollendeter Weise aneigneten, beweist
-ein wunderschönes, aus Köln stammendes Gebetbuch in der gross-
herzoglichen Bibliothek zu Darmstadt, welches mit dem Datum
1453 versehen ist. Verschiedenes, besonders die heilige Ursula. mit
ihren Jungfrauen, erinnert auffallend an das Kölner Dombild. Indem
"ich für eine nähere Würdigung auf eine anderweitig von mir gegebene
Notiz verweisef bemerke ich hier nur, dass besonders die Verdamm-
ten der Hölle und die 10,000 Märtyrer durch die Schönheit und
Freiheit der Motive, die Fülle der Formen, die Güte der Zeichnung
in Erstaunen setzen, und dass viele Köpfe der Heiligen von grosser
Lieblichkeit und, zumal die weiblichen, von sehr weichen Formen
sind. In manchen Stücken, namentlich der Schönheit der Farben
und der Behandlung, ist indess auch hier ein starker Einfluss von
Miniaturen der früheren Zeit der Eyck'schen Schule wahrnehmbar.
Unter der grossen Zahl von Bildern, welche theils neben Meister
Stephan Lochner, theils unter seinem Einiiuss ausgeführt worden
sind, und welche sich jetzt vornehmlich im Stadtmuseum zu Köln,
in der Pinakothek zu München und in der Moritzkapelle zu Nürn-
berg befinden, zeichnen sich besonders die Tafeln von dem vor-
maligen Altar der Abtey Heisterbach bei Bonn aus. Die einzelnen
Heiligen (Pinakothek, Oabinette N0. 1 und 2) stehen noch dem
Meister Wilhelm nahe, die Verkündigung, die Heimsuchung, die
Geburt und die Anbetung der Könige (ebenda N0. 3, G, 7, 8) zeigen
dagegen in den rundlicheren Formen der Köpfe, und auch in anderen
Stücken einen verwaltenden Einfluss des Meisters Stephan. Dasselbe
gilt auch von zwei Bildern im Museum von Berlin, der Verehrung
des gefundenen Kreuzes, und der Anbetung der Könige (N0. 1205
und 1206).
1 Deutsches Kunstblatt vom Jahr 1854.