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III.
Buch.
Kapitel.
Eine Maria mit dem Kinde in einem weissen Hemdchen, welches mit-
einem Rosenkranz spielt, in der Königl. Gallerie zu Brüs sel, N0. 377.
Aus der mittleren Zeit dürfte die Maria und das Kind, welche
sich küssen, im Museum zu Berlin (N0. 361) sein. Die Empfin-
dung ist hier von grosser Kindliehkeit und Reinheit, die Zeichnung
und die Modellirung, in einem schon helleren, doch immer noch
Warmen Ton, höchst meisterhaft, die Luftperspektive des land-
schaftlichen Hintergrundes sehr zart.
Diesem steht in manchem Betracht sehr nahe ein Altarblatt,
welches ursprünglich in der Kathedrale von Brügge, nachmals in
der Sammlung des Königs der Niederlande Wilhelm IL, jetzt in
der Kaiserlichen Sammlung in St. Petersburg beiindlich ist, und
Maria mit dem Kinde in der Herrlichkeit auf dem Halbmonde dar-
stellt, wie sie von zwei Sibyllen, deren eine den Kaiser Augustus
empfiehlt, von Propheten und dem König David verehrt wird. Oben
erscheint Gott Vater von vier Engeln umgeben. Die Composition
hat etwas Zerstreutes, doch die Köpfe der Frauen, besonders der
einen Sibylle, sind sehr lieblich. Unter den Männern ist der Kaiser
Augustus ein herrlicher Kopf Avom edelsten Ausdruck.
Zunächst ist das grosse und schöne Altarblatt mit Flügeln in
der Kathedrale von Löwen zu nennen. Das Hauptbild, eine reiche
Composition, stellt in der Mitte die heiligen Anna und Maria mit
dem Kinde, umher die anderen Verwandten der heiligen Familie,
vier Männer, drei Frauen und sieben Kinder dar, welche, wie das
Christkind, sämmtlich bekleidet sind. Den Hintergrund bildet eine
schöne bergigte Landschaft, welche auch auf den rechten Flügel
übergeht, worauf Joachim dargestellt ist, wie ihm bei den Hirten
der Engel erscheint und ihm die Geburt eines Kindes verheisst.
Der linke Flügel enthält den Tod der heiligen Anna, welche von
Maria und. einer anderen Frau, von Joachim und Joseph umgeben,
1'011 Christus eingesegnet wird. Auf der Aussenseite des rechten
Flügels übergiebt die heilige Anna, von Joachim begleitet, dem
Priester einen Kasten, auf der des linken, Joachim, wegen der Un-
fruchtbarkeit seiner Ehe vom Priester aus dem Tempel gewiesen.
In diesem herrlichen Werk ist die feine und edle Eigenthümliehkeit
des Meisters bereits völlig ausgebildet. Die Köpfe sind von zartem
und innigem Gefühl, der Gesammtton licht, die Farben der Ge-
wänder, worin besonders ein feines Grau verwaltet, mit grosser
Meisterschaft gebrochen und modellirt. Keins der anderen grössercn