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Kapitel.
geworden. Dasselbe gilt auch von der Krönung des Johann von
Brienne zum König von Jerusalem auf der ersten Seite von Blatt 17,
welches, auch abgesehen von den sonstigen trefflichen Eigenschaften, ein
wahres Muster in der Anordnung einer iigurenreichen Composition ist.
In Betrelf der Miniaturen unter dem Einiiusse des vorigen ent-
standen, und ihm sehr nahe verwandt ist ein M anuscript derselben
Bibliothek, N0. 2549, welches die französische Uebersetzung der
Thaten des Grafen Gerard von Roussillon aus dem Lateinischen
enthält, so Johann Wauquelin auf Befehl Philipp des Guten am 16.
Juni des Jahres 1447 beendigt hat. Da es feststeht, dass solche
Manusoripte, nachdem die Arbeit des Schreibens fortschritt, den
Miniaturmalern lagenweise zur Ausschmiickung übergeben wurden,
so möchte die Beendigung der Miniaturen nur um wenig später
fallen. In den, jedesmal die Hälfte der Seite einnehmenden, Minia-
turen an der Spitze der 52 Kapitel, wozu in der Regel noch vier
kleinere Vorstellungen auf den entsprechenden Rändern kommen,
lassen sich deutlich vier Hände unterscheiden, von denen zwei wieder
zu den vorzüglichsten gehören, welche wir aus dieser Schule be-
sitzen. Kämpfe und sonstige bewegte Handlungen von einer der
anderen Hände haben dagegen meist etwas Lahmes und Aermliehes
in der Eründung. Auch hier muss ich mich mit einer näheren Be-
sprechung von einigen der ausgezeichnetsten Bilder begnügen.
Hierzu gehört unbedingt das Titelblatt, welches den in einem
schwarzen Pelz unter einem prachtvollen, purpurfarbnexi Traghimmel
thronenden Philipp den Guten vorstellt, wie er aus den Händen des
vor ihm knieenden Jan Wauquelin die Uebersetzung in Empfang
nimmt. Durch die Gegenwart von vornehmen Geistlichen und Hof-
beamten einerseits, und mehrerer Ritter des goldnen Vliesses, womit
auch der Herzog geschmückt ist, andrerseits, erhält die Handlung
etwas sehr Feierliches. Die Art der trefilichen Individualisirung
aller Theile, die Färbung, die mageren Glieder der etwas zu langen
Gestalten, erinnern am meisten an den älteren Rogier van der
Weyden. -Die Vermählung des Grafen von Roussillon, dessen Ge-
schichte zur Zeit Kaiser Karl des Kahlen spielt, B1. 9 b. zeigt in
feiner und meisterlicher Ausbildung die volle Pracht der Anzüge,
worin derlei Handlungen am- Hofe Philipps vor sich gehen mochten.
Der landschaftliche Hintergrund trägt durchaus den Charakter der-
jenigen auf dem Genter Altar der Brüder van Eyck. Der Graf
kehrt mit seiner Gemahlin und drei anderen Reitern in sein Land