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III.
Buch
Kapitel.
Ufern des Rheins. Mit _frommer Ergebung sehen die Jungfrauen
ihrem Tod durch die Pfeile, welche einige schon getroffen haben,
entgegen. 6) Die in Köln gelandete Ursula ist im Begriff, von
einem Pfeil durchbohrt zu werden. In ihrem schönen Kopfe ist
vortrefflich die Ueberwindung der Todesfnrcht durch die Ergebung
in den Willen des Herrn ausgedrückt. Auch sonst ist dieses Bild
reich an charakteristischen Köpfen. Auf dem einen der Gibelfelder
des Kastens ist Maria mit dem Kinde auf dem Arm und zwei
knieende Schwestern des Hospitals, von seltenster Wahrheit, wahr-
scheinlich die Stifterinnen des Kastens, auf dem anderen die heilige
Ursula mit dem Pfeil, und die viel kleiner gehaltenen Jungfrauen,
welche von ihrem Mantel schützend umgeben werden, dargestellt.
Zeichnung, Feinheit des Gefühls, Kraft und Klarheit der Färbung,
Meisterschaft der Ausführung ist auf allen diesen Bildern völlig wie
auf dem Bildchen des Herrn Gatteau. Die Bilder auf den beiden
Dachflächen, je drei Runde, von denen die beiden grösseren in
der Mitte, einerseits die Krönung der Maria, andererseits die heilige
Ursula von ihren Jungfrauen umgeben und hinten einige Bischöfe
und andere Männer, die vier kleinen je einen musicirenden Engel
enthalten, sind zwar an sich ebenfalls werthvoll, zeigen aber in
der schwächeren Zeichnung, der kälteren Färbung, dem härteren
Vortrag, die Hand eines Gehiilfen. 1
Diesem schönen Werke schliesst sich eng ein Bild von langer
Form in der Pinakothek zu München an (Cabinette N0. 63),
welches in einer weitläuftigen Landschaft eine grosse Anzahl von
Vorgängen aus dem Leben der Maria und namentlich diejenigen,
welche unter dem Namen der sieben Freuden Mariä bekannt sind,
vereinigt. Die drei Darstellungen im Vorgrunde sind rechts die Ge-
burt Christi, in der Mitte die Anbetung der Könige, besonders reich
und schön! links die Ausgiessung des heiligen Geistes. 2
Endlich bemerke ich, nicht wegen der Bedeutung des Bildes,
sondern um eine irrige Benennung zu berichtigen, dass ein in der-
selben Pinakothek befindliches, Johannes den Täufer in der Wüste
darstellendes Bildchen, welches wegen einer darauf befindlichen
Aufschrift dem Hugo van der Goes beigemessen wird, nach Gefühl,
'1 Der ganze Reliquienkasten. wie die einzelnen Bilder in der Grösse der
Originale sind in Photographien von seltenster Schönheit von Fierlants veröifent-
licht worden. 1 Steindrücke von diesen dreien in dem bekannten Boisseräeü
sehen Werke.