Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

116 
III. 
Buch. 
Kapitel. 
besonders fleissig für das Hospital des heiligen Johannes daselbst 
gearbeitet hat und vor dem Jahr 1499 gestorben ist. 1 In ihm er- 
reicht die Schule die grösste Feinheit der künstlerischen Ausbil- 
dung, und mehr, wie irgend einer seit Hubert van Eyck, ist er 
zugleich mit dem Sinn für Schönheit und Grazie begabt. Verglichen 
mit den Werken seines Meisters sind seine Figuren von besserer 
Proportion und nicht so mager in den Formen, seineHände und Füsse 
naturwahrer, die Köpfe seiner Frauen lieblicher, die der Männer 
minder streng, ja öfter von sanfter Melancholie. Ausserdem sind 
seine Umrisse weicher, in der Modellirung der Fleischtheile finden 
sich mehr feine Halbtöne, die Farben sind noch leuchtender und 
klarer. Auch in Betreff der Luftperspective und des Helldiinkels 
findet sich ein Fortschritt. Dagegen steht er ihm in der Gross- 
artigkeit der Auffassung, "in der G-ediegenheit der Ausführung des 
Einzelnen, z. B. von Kleiderstoffen, und im Wiedergeben des Goldes 
in seinem Glanze, wieder entschieden nach. In der früheren Zeit, 
wo er gelegentlich an einem Bilde mit dem Meister arbeitete, 2 
sind die Gemälde beider öfter schwer von einander zu unterscheiden. 
Von keinem Maler dieser Schule haben sich so viele ausgezeichnete 
Werke erhalten, als von Memling. Diejenigen, welche ich aus 
eigner Anschauung kenne, führe ich in der Ordnung an, in welcher 
sie meines Erachtens ungefähr gemalt worden sind. 
 Ein Altärchen in der Pinakothek zu München (Cabinetts 
N0. 48, 49, 54). Die Anbetung der Könige, das Mittelbild, hat 
entschieden den Charakter des Meisters, die Flügel, Johannes der 
Täufer und Christoph, zeigen in den langen Proportionen, in den 
härteren Umrissen, mehr die Kunstweise des Rogier van der Weyden. 
Letztere, haben indess ihren ursprünglichen Charakter durch Ver- 
waschen und starkes Lasiren der Boisserees eingebüsst. 
Die Kreuzigung, ein grosses Altarbild in dem ersten Zimmer 
des Justizpalastes in Paris. Zur Rechten des Kreuzes die ohn- 
mächtige, von einer Frau gehaltene Jungfrau, eine andere heilige 
Frau, Johannes der- Täufer und der heilige Ludwig; zur Linken 
Johannes der Evangelist, Dionysius und Karl der Grosse. Das 
1 In einem Verzeichniss der Besitzthümer der Gesellschaft der Aiberariersh in 
Brügge, vom Jahr 1499. heisst es von Einem Altnrbilde: "ghemaect hy der hnnd 
van weylen (d. h. weyland) Meestx-e Hans." S. Carton, an derselben Stelle.  
2 So besass Margaretha von Gesten-eich ein Altärchen, dessen Mitte von Rogier, 
die Flügel von Memliug waren. S.S. 24 des Jnventaire des tableaux etc." dieser 
Fürstin von de Laborde.
	        
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