Epoche von 1420 bis
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auf die Gebeine Johannes des Täufers bezügliche Begebenheiten
darstellt, nämlich die Bestattung derselben in der Gegenwart Christi,
die Verbrennung durch den Kaiser Julianus Apcstata, endlich die
Uebertragung einiger Ueberreste derselben nach dem Hauptsitze
der Johanniter, St. Jean d'Acre, im Jahr 1252. Die Köpfe haben
ein durchaus portraitartiges Ansehen, und sind zwar höchst lebendig
doch, bis auf einige Johanniterritter, welche von edler Bildung,
hässlich in den Formen. Die, im Verhältniss zu den Landschaften,
kleineren Figuren, als in den meisten Bildern der Schüler der van
Eyck, sind überschlank und mager in den Formen, aber von sehr
tüchtiger Zeichnung. In dem Fleischton waltet ein etwas schweres
Braun- vor. Das Nachdunkeln der, übrigens meisterlich modellirten,
Gewänder macht die Wirkung etwas schwer und fleckig. Die Aus-
führung des Einzelnen, welche sich gleiclimässig auf alle Neben-
sachen erstreckt, ist bewunderungswürdig. Auf die Ausbildung der
Landschaft ist ein grosses Gewicht gelegt. Nach der ganzen Kunst-
form dürfte die Ausführung dieser Bilder etwa von_l_4G0-70 fallen.
Wegen der grossen Uebereinstimmung mit diesen Bildern halte ich
zwei Flügel in der Ständischen Gallerie zu Prag, einen Mann und
eine Frau, mit ihren Schutzheiligen, den geharnischten Julian und
Adrian, mit Bestimmtheit von diesem Meister.
Ich gehe jetzt zur Betrachtung der nächsten Generation der
van Eycküschen Schule über.
Der grösste von allen diesen ist ohne Zweifel Han s Mem lin g,
der Hauptschüler von Rogier van der Weyden dem älteren. 2 Alles
was mit historischer Gewissheit von ihm bekannt ist, besteht
darin, dass er in den Jahren 1477 und 1478 in sehr dürftigen, 3
bis zum Jahr 1487 vielleicht in etwas besseren Umständen in Brü gge
1 Auch irrig Hemling genannt. Die von mir schon früher, aber schliesslich
im Deutschen Kunstblatt von 1854, S. 177, für die Lesart Memvling zusammenge-
stellten Gründe haben durch eine von dem Canonicus Carton in Brügge bekannt
gemachte Urkunde, worin gesagt wird, dass im Jahr 1483 Meister Jan van
Memmelinghe, als Schüler einen Passcier van der Meersch aufgenommen, sowie
durch das Vorkommen desselben Namens in einem Verzeichniss zu Brügge gestor-
bener Maler, ihre schliessliche Bestätigung gefunden. Katalog des Museums von
iintwerpen vom Jahr 1857. S. 37. 2 Der Ausse, oder l-Iuvesse, beides eine
italienische Entstellung des Namens Hans, den Vasari (Ausgabe von Siena I. S. 177.
III. S. 312. XI. S. 63) als Schüler des Rogier van Brügge nennt. ist ohne Zweifel
Hans Memling. Dasselbe bezeugt auch die auffallende Verwandtschaft der Werke
bßider- 3 S. Carton. Annales de 1a Societe 11' Emulation de Bruges. TOIII- V-
2e Serie. N0. 34. S. 331i Die zuerst von dem oherlijichlichen und unzuver-
lässigen Schriftsteller Descamps veröffentlichte Sage, dass Memling sich als kranker
Soldat im Jahr 1777 nach der Schlacht von Nancy im Hospital des heilige" JU-
hunnes in Brügge eingefunden, verdient keinen Glauben.