Volltext: Handbuch der deutschen und niederländischen Malerschulen (Bd. 1, Abt. 1)

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II. Buch. 
Kapitel. 
gemalt, wo das Bild sich früher befand, später in der Boisseree- 
schen Sammlung. Dieses ist eins der grössten und schönsten Werke 
des Meisters. Namentlich ist die Maria auf der Darstellung im 
Tempel, eine höchst edle Figur, wohl die gelungenste Auffassung 
derselben, welche wir von Rogier besitzen. Leider ist das Fleisch, 
wie die Gewänder, durch starke Lassuren, welche die Boisserees 
gemacht haben, jetzt sehr schreiend bunt.  
Die Abnahme vom Kreuz in der königl. Sammlung im Haag" 
(N0. 55 irrig Memling genannt), eine reiche Composition von er- 
greifendem Ausdruck der Köpfe und vortreiflicher Durchführung, 
indess im Fleischton etwas kühler. 
Die sieben Sakramente, vormals auf dem Altar einer Kirche 
zu Dijon, jetzt eine der Zierden des Museums zu Antwerpen 
(N0. 30). Auf der mittleren, viel höheren Tafel, als die beiden 
Seitenbilder, als Vergegenwärtigung der Bedeutung des Abendmahls 
in einer gothischen Kirche, die Kreuzigung Christi. Auf dem 
rechten Flügel die Taufe, die Einsegnung und die Beichte, auf dem 
linken die Priesterweihe, die Ehe und die letzte Oelung. Sehr 
sprechend und lebendig in den Motiven, wie in den Köpfen, doch 
in der Färbung kühler, in den Schatten minder klar als sonst. 
Zu den spätesten Arbeiten des Meisters aber dürften folgende 
Bilder gehören. Drei schmale Flügelbilder mit fast lebensgrossen 
Figuren, vormals in der belgischen Abtei Flem alle, jetzt im Mu- 
seum zu Frankfurt No. 72- 74. 1 Dieselben stellen vor: Maria, 
welche das Kind säugt. Vortreiflich im Ausdruck des Mütterlichen! 
Das weisse Gewand ist meisterlich modellirt. Die heilige Veronica, 
hier als Matrone aufgefasst, mit dem Schweisstuch, worauf das 
schwarze, aber sehr edle Antlitz Christi. Die Dreieinigkeit", Gott 
Vater hält den todten, steifen und mageren Christus. Letzteres 
meisterlich grau in grau ausgeführt. Dass Rogier, gleich seinem 
Meister Jan van Eyck, auch in Miniatur gemalt hat, beweist das 
Blatt an der Spitze einer Chronik des Hennegau von Jacques de 
Guise, in der Bibliothek der alten Herzoge von Burgund zu Brüs- 
sel, welches darstellt, wie er dieses Manuscript dem, von seinem 
Sohn Karl dem Kühnen und den Grossen seines Hofes umgebenen 
Herzog, Philipp dem Guten, knieend überreicht. Dieses Bild ge- 
hört in der Lebendigkeit und Individualisirung der Köpfe, in der 
 1 Passavant giebt diese Bilder als Werke von Rogier van der Weyden dem 
Jungeren.
	        
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