Epoche von 1420 bis 15
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lagerung von Brüssel durch die Franzosen im Jahr 1695, zu Grunde
gegangen. Aber auch für angesehene Privatpersonen führte er
namhafte Werke aus. So für Nicolaus Rollin, den Kanzler Philipp
des Guten, wohl sicher zwischen den Jahren 1440-1447, ein grosses
Altargemälde für die Kapelle des, von diesem gestifteten Hospitals
zu Beaune in der Bourgogne, welches sich noch jetzt in einem
Zimmer daselbst befindet. 1 Im Jahr 1449 ging er nach Italien,
wo ein Altarbild von ihm, dessen Mitte die Abnahme vom Kreuz,
ein Flügel aber die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Pa-
radiese darstellte, bei dem Lionello von Este, Herrn von Ferrara,
die grösste Bewunderung fand. 2 Im folgenden Jahr 1450 war er
zum Jubiläum in Rom gegenwärtig? Dass er auch Florenz auf
dieser Reise besucht hat und dort mit den Medici in Berührung
gekommen ist, beweist ein Bild im Museum zu Frankfurt, dessen
Beschreibung weiter unten folgen wird. Nach seiner Rückkehr
nach Brüssel führte er ein Altarblatt für Peter Bladolin, den Auf-
seher der Finanzen Philipps des "Guten, aus, womit dieser den
Altar der Kirche der von ihm gegründeten und im Jahr1450 im
Bau beendeten Stadt Middelburg zierteß welcher sich jetzt im
Museum zu Berlin befindet. Ein anderes, grösseres Werk, welches
er in den Jahren 1454-1459 für den Bischof Johaxm von Oambray
maltef ist leider verschollen. Am 16. Juni des Jahrs 1464 starb
er und wurde in der Kathedrale von Brüssel begraben. 6
Obgleich es durch viele Zeugnisse feststeht, dass Rogier ein
Schüler des Jan van Eyck gewesen, so erkennt man doch in seinen
Werken auch einen so entschiedenen Einfluss des Hubert van Eyck
dem er in der geistigen Richtung ungleich verwandter war, als dem
Jan, und den er nothwendig noch längere Zeit gekannt haben
muss, da dieser erst im Jahr 1426 starb, dass man ihn mit hoher
Wahrscheinlichkeit als seinen ersten Meister betrachten kann. Wie
dieser behandelte er mit der grössten Begeisterung die Aufgaben,
welche die kirchliche Symbolik des Mittelalters athmen. Auch in
dem reineren Geschmack der Gewänder steht er dem Hubert van
Eyck näher, als dem Jan. Mit letzteren theilt er indess den in
1 S. Passavant am angef. Ort N0. 59 und meinen Aufsatz im Deutschen Kunst-
blßtl vom Jahr 1856 S. 239. 2 S. Colueci, Antiehita Picene. T. XV. S. 143-
Er wird dort von Cyriacus von Ancona ,.Pict.orum decus" genannt. 3 FECWS 1m
angeführten Werk S. 45. 4 S. Messager des scienees et des arts en Belgique
1835 S. 333_- 348. ß De Laborde, les Ducs de Bourgogne Tom. I. Introdllß- S- 55-
284 "M Ware" Regt" des